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Die eigenen Schwächen
27. Februar 2022
„Im antiken Griechenland sagte man: Wenn du die Welt und die anderen Menschen kennenlernen willst, musst du zuerst dich selbst kennenlernen. Das heutige Evangelium erinnert uns nochmals daran, dass es unmöglich ist, einen anderen Menschen mit seinen Tugenden und Schwächen zu verstehen, wenn ich mich nicht selbst in Wahrheit sehe - mit meinen eigenen Tugenden und Schwächen.
‚Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht? (...) Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; dann kannst du zusehen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen‘, diese Worte Jesu stehen im Mittelpunkt des heutigen Evangeliums. Er weist seine Jünger darauf hin, dass wir dazu neigen, uns mit eigenen Maßstäben zu messen, unsere Brüder und Schwestern aber mit anderen Maßstäben. Egozentrismus und Selbstsucht verwischen immer die Wahrheit. Manchmal betrachten wir uns und unsere Schwächen durch eine Rosabrille und mildernde Umstände; die Sünden unserer Brüder und Schwestern betrachten wir durch eine Lupe, wie unter einem Mikroskop.
Die kleinsten Fehler der anderen werden groß. Unsere größten Fehler werden kaum wahrnehmbar und immer gut gerechtfertigt. Deshalb fasst Jesus eine solche Haltung unverblümt in einem treffenden Wort zusammen: Heuchler! Wer das Böse in der Welt in anderen bekämpft und das Böse in sich selbst nicht sieht, ist ein Heuchler.
Ein wahrer Jünger Christi beginnt bei sich selbst. Wer seine eigenen Sünden sieht, versteht den anderen und ist in der Lage, auch seine eigenen Fehler mit Respekt zu betrachten. Wer seine eigenen Schwächen nicht sieht, wird die Schwierigkeiten der anderen niemals verstehen.
Deshalb sagt Jesus heute: ‚Denn jeden Baum erkennt man an seinen Früchten: Von den Disteln pflückt man keine Feigen und vom Dornstrauch erntet man keine Trauben. Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz seines Herzens das Gute hervor und der böse Mensch bringt aus dem bösen das Böse hervor.‘ Wer vor allem Andere zur Rechenschaft zieht, kann und wird keine guten Früchte bringen.
Jesus spricht: ‚An ihren Früchten also werdet ihr sie erkennen.‘ Darum ist der Rat des Evangeliums am letzten Sonntag vor der Fastenzeit so wichtig: Mit der menschlichen Schwäche kann man auf zwei Arten umgehen. Man kann sich mit der eigenen Sünde beschäftigen oder man kann sich mit den Schwächen Anderer beschäftigen.“
Pater Efrem und alle Brüder in Tabgha und in Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!
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Christsein ist kein Sonntagsspaziergang
20. Februar 2022
„Jesus fällt wieder mal aus dem Rahmen. Er lehrt nicht nur die zu lieben, die uns lieben; würden wir nur so lieben, dann würden wir nur reagieren und uns im Kreis drehen. Was Jesus lehrt, ist ein Durchbruch. Die Liebe, die er wünscht, ergreift die Initiative, sie kommt dem anderen zuvor. Sie setzt einen neuen Anfang. Sie durchbricht den Kreislauf von Interessenkonflikten und Aggressionen. Sie sieht auch im Feind den Mitmenschen.
So zu lieben, bedeutet nicht, in völliger Selbstlosigkeit aufzugehen. Auch Jesus nennt das Böse böse. Seine Grundeinstellung ist: Gott liebt uns nicht, weil wir so wertvoll sind – nein, umgekehrt. Wir sind wertvoll, weil Gott uns liebt. Das fordert uns Christen und schenkt uns gleichzeitig eine bislang nie gekannte Freiheit. Kinder des himmlischen Vaters zu sein, das kann man sich nicht erkaufen; das ist und bleibt ein Geschenk, das wir nur dankbar annehmen können. Es verpflichtet uns, dementsprechend zu leben. In diesem Bewusstsein stellen wir uns dem heutigen Evangelium.
Jesus geht es nicht um das so vertraute ‚wie du mir, so ich dir‘. Jesus geht es um den Menschen, der aus der Barmherzigkeit Gottes lebt. Weil Gott mit mir barmherzig ist, darf, ja soll oder muss ich selbst barmherzig sein. Das ist eine Quintessenz des heutigen Evangeliums. Vielleicht rät deshalb der Heilige Benedikt seiner Familie - den Benediktinerinnen und Benediktiner, den Oblatinnen und Oblaten - und uns allen, niemals an Gottes Barmherzigkeit zu verzweifeln (Regula Benedicti 7,74).
Im 4. Kapitel seiner Regel, das die Überschrift ‚Die Werkzeuge der geistlichen Kunst‘ trägt, stellt unser Ordensvater Benedikt eine lange Liste von Weisungen auf; allen voran steht das Hauptgebot der Gottes - und Nächstenliebe. Die Mönche sollen diese Weisungen als Werkzeuge gebrauchen, um mit Gott und den Mitmenschen richtig umzugehen. Mit aller Kraft scheint Benedikt das „niemals verzweifeln“ zu unterstreichen: Wir sind mit Blick auf Gottes Barmherzigkeit dazu aufgefordert, niemals die Hoffnung aufzugeben und niemals von der Hoffnung abzukommen.
Wir sollen in unserem Leben Maß nehmen an Gottes Barmherzigkeit. Jesus erwartet von uns, den konsequenten Versuch, Gott durch die Praxis unseres Lebens gerecht zu werden. Das hat nichts mit Überforderung zu tun. Nein, Gott liebt nicht nur die Perfekten. Aus unseren eigenen Erfahrungen im täglichen Umgang miteinander wissen wir, wie schnell wir an Grenzen stoßen und unbarmherzig werden – und diese unsere Menschlichkeit ist Umfangen von Gottes Barmherzigkeit. Als David das Leben König Sauls geschont hat, der ihm feindlich gesinnt war, da hat David schon etwas vorweggenommen, was uns Jesus gelehrt hat: es ist mit Gottes Gnade möglich, sogar dem Feind Gutes zu tun und auf diese Weise das Herz des Gegners von innen her zu verwandeln.
Vielleicht müssen wir als Kirche in der Welt von heute aus dem Rahmen fallen und so Jesus folgen. Die Denk- und Handelsmuster der Welt und unserer eigenen finden an den Worten Jesu ihre Grenzen. Unser Denken und Handeln sollen sich an dem orientieren, was Jesus gesagt und getan hat. Seine Worte und sein Handeln provozieren uns stets neu. Er fordert uns heraus, seine gelebte, göttliche Barmherzigkeit anzunehmen und damit im ganz positiven Sinn zu wuchern. Dieser Sonntag bietet uns eine gute Möglichkeit, dies neu einzuüben und zu praktizieren. Christsein ist kein Sonntagsspaziergang, es ist ein Weg voller Überraschungen und Herausforderungen.“
Pater Jonas und alle Brüder in Tabgha und in Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!
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Standortfrage
13. Februar 2022
„Egal, wo unser ‚Standort‘ im Leben und wie unsere aktuelle Lebenssituation gefärbt ist, entscheidend ist der Glaube an die Nähe Gottes; entscheidend ist unsere Offenheit für die göttliche Wirklichkeit. – Und die biblischen Texte des heutigen Sonntags geben uns die entscheidenden Fragen an die Hand: Wo stehst du? Wo nimmst du deine Lebenskraft her? Worauf baust du, auf wen zählst du? – das sind entscheidende Standortfragen.
Damit unser Leben schön ist, tun wir so manches: wir vertrauen uns Menschen an; wir gehen im Vertrauen tiefe Beziehungen ein. Manch einer oder eine heiraten; wir Mönche sind in dieses Kloster eingetreten und bilden eine monastische Schicksalsgemeinschaft. Nicht nur im privaten Leben, sondern auch in den verschiedensten Erwerbsverhältnissen ist das Vertrauensverhältnis entscheidend für den Erfolg. Wir vertrauen uns auf unterschiedlichen Weisen Menschen an; immer auch damit unser Leben schön wird. – Und in diese Lebenssituation hinein, ruft uns der Prophet Jeremia – mit drastischen Worten – zu: ‚Verflucht der Mensch, der auf Menschen vertraut …‘. Zählt jetzt nicht einmal mehr menschliches Miteinander?
Sowohl für Jeremia wie auch für Jesus, der heute in der lukanischen Felrede zu uns spricht, zählen menschliche Zuneigung und Zärtlichkeit, zählen Liebe und Wohlwollen. Doch beide wollen uns helfen, dass wir den rechten Blick bewahren und die Augen offenhalten. Denn wir sehen doch selbst – im eigenen Leben und im Leben der Menschen um uns herum – es macht nicht glücklich, nur auf Irdisches zu bauen: auf Menschen, die ich sehe und auf Reichtum, den ich besitzen kann. Damit das Leben wirklich schön ist, muss es noch anderes geben: Werte, die über diese Welt hinausweisen gehen und nicht vergehen. Ja, ‚gesegnet der Mensch, der auf den HERRN vertraut / und dessen Hoffnung der HERR ist‘, wie im Buch Jeremia steht.
Es ist für uns Menschen wichtig, dass wir hin und wieder daran erinnert werden – besonders auch dann, wenn unser Leben gut und schön ist. Uns ist noch viel Schöneres, ja Großes verheißen als das Hier und Jetzt! Das führt uns Jesus in seinen Seligpreisungen deutlich vor Augen. In ihnen ist nicht von fremden Menschen die Rede, sondern von uns. Wir sind die Armen, die Hungrigen und die Weinenden. Aber wir sind auch die Reichen, die Satten und die Lachenden. Uns gelten deshalb nicht nur die Seligpreisungen, die uns eher schmeicheln und die Gegenwart Gottes, die Nähe Gottes in Erinnerung rufen. Uns gelten auch die Wehrufe, die uns davor warnen, uns allzu sehr auf menschliche Errungenschaften zu verlassen: auf unser Hab und Gut, auf unsere Einsicht und Klugheit, auf permanent wachsenden Gewinn und immer florierende Geschäfte.
Es zeichnet den gläubigen Menschen aus, ganz in dieser Welt zu sein, doch immer auch darum zu wissen, dass diese Welt nicht alles ist. Wir Christen leben auf die Erfüllung einer wunderbaren Verheißung hin. Wie ich bereits einleitend gesagt hatte: Wo auch immer unser ‚Standort‘, unser Lebensort ist, wie auch immer unsere aktuelle Lebenssituation gefärbt ist, entscheidend ist der Glaube an die Nähe Gottes; entscheidend ist unsere Offenheit für die göttliche Wirklichkeit. Amen.“
Pater Matthias und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!
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Fangen und fangen lassen
6. Februar 2022
„Ein markanter Satz trifft Petrus mitten ins Herz. Er lässt alles stehen und liegen, weil Jesus zu ihm spricht: ‘Von nun an wirst Du Menschen fangen‘ – der Fischfänger wird zum Menschenfischer. Wer schon einmal gefischt hat, der oder die weiß: Es bedarf viel Geduld und des Wissens darum, wo man die Fischschwärme findet. Doch Menschen zu fischen, dass klingt eher nach Gewalt und billigen Tricks – jemanden zu fangen, bedeutet jemandem die Freiheit zu rauben.
Als ich noch ein kleines Kind war, spielte ich gerne Fangen und ließ mich auch gerne fangen – denn es war ein Spiel. Und wenn ich es mit meinen Eltern oder meine Schwester spielte, warten, nachdem sie mich gefangen hatten, eine Umarmung und viele Küsse auf mich. Doch schon als Kind lernt man, dass das eigentliche Ziel bei diesem Spiel ist, nicht gefangen zu werden – denn ansonsten verliert man.
Ein Menschenfischer – im christlichen Sinne - zu sein, ist kein Spiel. So wie Fischer oft darüber klagen, dass sie viel ‚gearbeitet‘ haben, aber nichts gefangen haben, so klagen auch viele Eltern, Lehrer, Katecheten und Seelsorger: Unsere Netze sind leer. So ging es schon den Fischern in der Bibel. Wenn die Jünger auf eigene Faust fischen, fangen sie wenig oder nichts. Wenn sie ‚auf sein Wort hin‘ ihre Netze auswerfen, sind sie erfolgreich; die Fische kommen wie von selbst in unglaublich großer Anzahl.
Heutzutage denkt man bei dem Wort ‚Netz‘ eigentlich nicht mehr ans Fischen, sondern eher an Verbindung und Kommunikation. Soziale Netzwerke stehen für die Möglichkeit an Informationen zu kommen und mit anderen verbunden zu sein. Die Kehrseite ist jedoch die Abhängigkeit; manche sind direkt süchtig. Wehe dem, der kein Netz hat, keine Verbindung. Viele geraten dann in eine Krise. Im positiven Sinne ist die Kirche auch ein Netz. Die Gemeinschaft im Glauben hält zusammen. Gottes Ruf, die Begeisterung für Christus und sein Wort führen die Menschen zu der sichtbaren Gemeinschaft zusammen und einen sie. Die Menschen, die von Gottes Wort und Ruf gefangen sind, sind von selbst, ganz ungezwungen und gern ins Netz gegangen. Die Kirche als Netz bedeutet dann nicht Gefangenschaft, sondern Gemeinschaft, Einheit und Leben, ja Lebensmöglichkeiten.
Auch das habe ich als Kleinkind in meiner Familie erfahren. Das habe ich als Jugendlicher in der Kirche in unserem kleinen Dorf erlebt: die Gemeinde kann ein Ort der Freiheit und der Selbstverwirklichung sein - wenn man dem Ruf Gottes folgt.
Wenn Menschen aber spüren, dass sie ins Netz getrieben werden. Durch Zwang oder Drohung werden sie eingeengt. Sie haben Angst und ihnen bleibt nur die Flucht. Viele treten heute aus der Kirche aus. Sie fühlen sich nicht mehr in ihr beheimatet, sie ist ihnen fremd geworden, sie fühlen sich nicht mehr verstanden. Die Menschen erleben die Kirche nicht mehr als ein Ort der Freiheit und der Selbstverwirklichung, sondern sie fühlen sich unfrei, gegängelt und missbraucht. Man kann lange streiten, ob es am Netz selbst liegt, an den Fischern oder an den Fischen – oder irgendwie an allen dreien.
Und wo stehen wir nun als Menschenfinger, als Menschenfänger?
Wir dürfen und sollen niemanden einfangen, belehren oder einschüchtern, sondern ihn und sie durch Gottes Wort zu einem Jünger oder einer Jüngerin Jesu machen. Nicht ich fange jemande, sondern das Wort Gottes, die Botschaft Jesu begeistert. Jesus selbst umwirbt die Menschen. Er spricht die Menschen dort an, wo sie ganz für das Wort offen sind. Sie müssen nicht geangelt oder gegängelt werden. Glaubensverkündigung hat nichts mit Täuschung oder Tricks zu tun. Dort wo Glauben gelebt wird, dahin kommen diejenigen, die Gott suchen, weil er sie ruft.
Wer heute Menschen für Gott fangen will, mus immer wieder die Netze prüfen und ausbessern. Er oder sie muss die Netze offenhalten, damit Fische von selbst kommen. Und das Wichtigste ist: Ich selbst muss ein von Gott Gefischter, damit ich legitim für ihn fischen kann und darf. Dann zählt nicht der Erfolg, sondern es zählt, dass ich dabei sein darf, wenn das Wort Gottes die Menschen anspricht, begeistert und vereint.“
Pater Elias und alle Brüder auf dem Zion und in Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!
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Die Antwort ist: Gotteskinder
30. Januar 2022 Basilius
„Wer bin ich? – Eine Frage, die so alt sein dürfte wie menschliches Denken und Empfinden. Eine Frage für die großen Philosophen und für jeden einzelnen Menschen. Wer bin ich? – Nicht: Wer möchte ich sein? Wer sollte ich sein? Wer bin ich für dich, die anderen? Wer soll ich für die anderen sein? Klar und deutlich stellt sich die Frage: Wer bin ich?
Der Anfang einer Antwort liegt im ‚Ich denke‘, ‚ich glaube‘. Es ist eigentlich eine der wichtigsten und natürlichsten Aufgabe von Religion und Glaubensgemeinschaft, besonders der christlichen Kirche und Gemeinde: Dem und der Einzelnen bei der Beantwortung genau dieser Frage zu helfen. Wenn die Kirche mit all ihrem geistlichen und geistigen Reichtum und besonders mit menschlicher und seelsorgerlicher Reife dem Menschen hilft, die Spuren Gottes im eigenen Leben zu erkennen, dann wird dieser Mensch weiter gehen können auf dem Weg, um die Frage zu beantworten: Wer bin ich? – Vor allem die Erfahrungen und Bilder der Bibel können helfen, Finsternis und Dürre, Krankheit und Leiden, Sünde und Tod zu erkennen und anzunehmen - und auch Heil und Fruchtbarkeit, Liebe und Segen. Der und die Einzelne kann im Licht der Geschichten der vielen anderen Gotteskinder auch die eigene Gotteskindschaft besser und tiefer verstehen lernen. Er oder sie wird erkennen, wer er oder sie ist; wird mehr und mehr er oder sie selbst.
Es gibt viele gelungene Geschichten von Gotteskindern, von spannenden Wegen des Heils in befreiten Landschaften im Glauben. – Aber wir wissen auch, dass Kirche immer noch und zu oft Mauern errichtet und Gräben aufreißt, und so eine echte Begegnung des Menschen mit Gott und mit sich selbst verhindert. Wo Menschen an Leib und Geist und Seele missbraucht und entwürdigt werden, wo sie instrumentalisiert, verobjektet und kategorisiert werden, wird ihrer Gotteskindschaft Schaden zugefügt. Und der berechtigten, offenen und lebenswichtigen Frage „Wer bin ich?“ wird die Luft zum Atmen geraubt.
Und, vielleicht gar nicht trivial gerade in diesen Zeiten: Das betrifft jeden von uns! – Gewissermaßen aktiv und passiv. In womöglich verschiedener Weise stehen wir mal an den Mauern und Gräben der anderen, mal sie vor unseren. Das Ergebnis aber ist ähnlich: Gott wird vernebelt, blockiert, geradezu verleugnet. Dies ist die Keimzelle von Sünde und Tod.
Die drei Schrifttexte dieses Sonntags sprechen eine andere Sprache. Alle drei helfen uns, etwas von unsrer Frage „Wer bin ich?“ zu verstehen.
Was Jeremia mit Blick auf seine Berufung zum Prophetenamt zugesagt wird, das dürfen wir sicher auch uns immer wieder durch den Kopf und das Herz gehen lassen: „Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, […] noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst…“ (Jer 1,5). – In Gottes Gedanken und in Seiner Liebe hast Du schon immer einen Platz. Was auch immer noch kommt in Deinem Leben, wo Du selbst fehlst und fällst, und wo andere an Dir schuldig werden, in all Deinen Grenzen und Schwächen, aber auch in all Deinen Gaben und Segnungen, Du bist mein geliebtes Kind. „Ich bin mit dir, um dich zu retten“ (Jer 1,19).
Wer bin ich? – Ein angenommenes, ein geliebtes Kind Gottes, seit jeher. Vorbehaltlos. – Das dürfen wir einander immer wieder sagen, das dürfen wir uns immer wieder sagen lassen.
Auch Jesus kennt die Frage „Wer bin ich?“. ER ringt damit nicht nur in der Synagoge in Nazareth, sondern bis nach Getsemani und bis ans Kreuz. Aber ER kennt auch die Antwort. Deswegen kann ER sich frei machen von den Außenerwartungen und Projektionen, auch von Vorurteilen und gezieltem Foulspiel. ER kann mit den Sündern und Zöllnern essen. ER kann die Aussätzigen berühren und sich von ihnen berühren lassen. ER liefert sich nicht dem Schubladendenken Seiner Nachbarn und Verwandten in Nazareth aus, kann durch ihre Plattitüden und Gemeinheiten hindurchgehen. Denn ER weiß, wer ER ist. – Genau deshalb liefert ER sich schließlich der schreienden Antwortlosigkeit auf die Frage „Wer bin ich?“ aus: Der Gottes- und Menschensohn folgt den Sündern und Verlorenen bis in die tiefste Sprachunfähigkeit der Sünde und die alles verneinende Anonymität des Todes. Und ER geht durch sie hindurch, lässt sie hinter sich, fasst uns aber an der Hand und zieht uns mit hinaus in das Leben und in die Freiheit der Kinder Gottes.
Wer bin ich? – Wer das eigene Gotteskind in sich entdeckt hat, wird freier von Außenerwartungen. Und er wird gleichzeitig frei vom egozentrischen Eigenwillen. Denn es geht nicht um selbstherrliche Eigenverwirklichung, sondern um Wachsen im Vertrauen auf das Ich, wie Gott es in uns hineingelegt hat: angenommen und frei, geliebt und befähigt zur Liebe.
Und damit geht der Blick auf die Worte des Paulus im Korintherbrief. Viel zitierte Worte, und doch nicht entleert. – All das Große und Bombastische, das Paulus aufzählt, das kennen wir aus Kirche und Politik und womöglich auch aus unserem eigenen Leben und direktem Umfeld. Paulus verwirft es nicht, setzt ihm aber Anderes entgegen: Liebe. Der Blick auf Gott und der Blick auf das verwundete Gotteskind ist ohne Liebe verstellt; das Hinhören auf Gottes Wort und auf den Ruf des leidenden Gotteskindes ist ohne Liebe blockiert.
Wer bin ich? – Mit Paulus dürfen wir an diesem Morgen auch antworten: Nicht einfach das Laute und Publikumswirksame, nicht das äußerlich Schöne und Kraftvolle. – Die ‚rätselhaften Umrisse‘ und das ‚Stückwerk‘, von dem Paulus beim Blick in den Spiegel spricht, die kennen viele Menschen, die an und mit und in ihrer Kirche leiden. Und die Frage ‚Wer bin ich?‘ wird für manchen auf schmerzhafte Weise der erste Baustein einer Selbstrechtfertigung. Aber womit? Und wofür? Was bleibt?
Paulus‘ vielzitierte Antwort ist ebenso demütig und nüchtern, wie sie wahr und stark ist: ‚Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe‘ (1 Korinther 13,13). – Eine ganze Reihe verschiedener Menschen haben uns in diesen Tagen gezeigt, was das für sie konkret im Rahmen der Kirche bedeutet. Sie vertrauen uns allen ihre Lebensgeschichten an. Das sind kostbare und wertvolle Zeugnisse von Gotteskindern. Sie erzählen von Glaube, Hoffnung und Liebe. Mag kommen, was wolle – no matter what.
Wer bin ich? Wer bist Du? – Gotteskinder, die wachsen wollen in Glauben und in Hoffnung und vor allem in Liebe. – Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“
Pater Basilius und alle Mönche auf dem Berg Zion und in Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!
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Ein Brief über das Wort Gottes
23. Januar 2022
Für unseren Pater Simeon ist das heutige Evangelium eine Steilvorlage für einen fiktiven Brief des Evangelisten Lukas an Theophilus. Für ihn hatte der Evangelist die Geschichte Jesu, nachdem er allen Berichten sorgfältig nachgegangen war, niedergeschrieben – und sicherlich hatte Theophilus nach dem ersten Lesen viele Fragen. Eine Frage, die auch uns in unserem Glauben immer wieder begleitet – was bedeutet „Wort Gottes“? –, wird sich sicherlich auch Theophilus gestellt haben; und Pater Simeon sucht mit uns im Evangelium des Lukas eine Antwort.
„Hochverehrter Theophilus,
es freut mich, dass Du mein Evangelium und meine Apostelgeschichte, die ich für Dich niedergeschrieben habe, mit so viel Interesse und Zustimmung gelesen hast. Es war nicht einfach allem von Grund auf nachzugehen. Ich habe versucht, mich an die Überlieferung derer zu halten, die Augenzeugen waren, und alles aufzuschreiben. Wie ich am Anfang meiner Jesus-Geschichte schreibe, haben schon viele über die Geschehnisse berichtet und auf diese Weise der Nachwelt die überwältigenden Ereignisse, die damals passiert sind, weitergegeben. Aber weil Du darum gebeten hattest, deswegen bin ich der Frohen Botschaft von Grund auf nachgegangen.
Ja, so wie Du, so bin auch ich von Jesus Christus, dem Gottessohn, von seiner Botschaft und seinem Auftreten im Innersten berührt. So konnte ich gut verstehen, dass Du etwas mehr Zuverlässigkeit, etwas mehr sichere Tatsachen, über Jesu beeindruckende Lehre, von der Du schon so viel gehört hast und die Du selbst auch weitergeben möchtest, erlangen wolltest.
Nun, nachdem Du das Evangelium und die Apostelgeschichte gelesen hast, fragst Du mich in Deinem letzten Brief danach, was genau ich unter dem Wort Gottes verstehe. Ich schreibe ja, in meinem Prolog zum Evangelium, dass ich mich an die ‚Augenzeugen und Diener des Wortes‘, des Wortes Gottes gehalten habe. Um es gleich vorwegzusagen, möchte ich diesen Brief, den ich Dir von Athen aus schicke, in keiner Weise gleichwertig ansehen mit den beiden umfangreichen Werken, die ich Dir zukommen ließ. Nein, diese Werke sind im Gebet entstanden – gleich als ob eine unsichtbare Hand meine Feder geführt hätte – und es freut mich zu hören, dass sie sogar hier und da im Gottesdienst Verwendung finden. Sie sind in der Tat Frohe Botschaft von Jesus Christus, dem Gottessohn! Nun aber geht es um die Auslegung des Geschriebenen.
Um zu verstehen, was dieses Wort Gottes ist, möchte ich Dich auf das vierte Kapitel meines ersten Buches verweisen. Ich denke, hier wird besonders deutlich, was ich Dir heute vermitteln will. Was ist das Wort Gottes? Eine Antwort findet sich in Jesu erstem öffentlichen Auftreten. Er steht in der Synagoge in Nazareth und sagt: ,Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt‘ (Lukas 4,21). Die Schriftrolle mit dem Buch des Propheten Jesaja war Jesus gereicht worden. Er musste nicht lange suchen, bis er die entscheidende Stelle gefunden hatte. Es ist die göttliche Heilsverheißung, die vom Messias, den Jesaja ankündigt, verkündet wird. ‚Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.‘ Diese frohe Botschaft - dieses Heilswort - ist die Zusage der Verwandlung der Situationen der Bedrängnis in eine Zeit des Heils. Die Heilszeit ist da. Ja, Jesus ist selbst dieses Wort des Heils; in ihm ist es Fleisch geworden. Die Heilsverheißung hat sich erfüllt in einer Person. Glaubst Du das, Theophilus? Kannst Du es Dir vorstellen?
Nun wirst Du sagen: ‚Ich sehe das nicht. Ich bin weder Augen- noch Ohrenzeuge. Ich sitze heute in meiner Gemeinde und nicht in der Synagoge von Nazareth. Ich kann mich nur auf die Berichte der zweiten oder dritten Generation stützen.‘ Und Du fragst sicherlich: ‚Wie kann ich trotzdem heute glauben – an dieses Wort Gottes?‘ Die Antwort liegt in der Überlieferung der Kirche, in der Du unterrichtet wurdest. Ich bin überzeugt, dass Tradition weitergegeben wird, durch diejenigen, die sich in Jesu Namen versammeln – von Generation zu Generation durch die Jahrhunderte. Unser Glaube baut nicht auf Mythen auf, sondern auf geschichtliche Ereignisse. Was in der Kirche geglaubt und gelebt wird, hat seinen Urgrund in Jesus Christus, der damals das Wort in Nazareth sprach: ‚Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt!‘
Es braucht auch heute Dienerinnen und Diener des Wortes, damit diese Wort Gottes weitergegeben werden kann. Dann bin ich überzeugt, dass ER, das lebendige Wort, auch weiterlebt inmitten seiner Gemeinde, inmitten seiner Gläubigen – und sich das Heilswort auch heute erfüllt. Als Diener des Wortes, hochverehrter Theophilus, bist Du dann in der Tat, das, was dein Name ausdrückt, ein Gottesfreund. Möge auch ich ein solcher werden. Nur Mut, lieber Gottesfreund! Ich grüße dich mit einem heiligen Gruß in Christus Jesus. Dein Bruder im Glauben, Dein Lukas“
Pater Simeon und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!
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Das Leben in Fülle
16. Januar 2022
„Hochzeitsfeiern sind tolle Feste. Wohl fast alle Menschen verbinden mit Hochzeiten schöne Erinnerungen. Und so weckt das heutige Evangelium schon allein daher eine positive Grundstimmung. Als große Besonderheit kommt im Evangelium das Weinwunder hinzu. - Ein wunderbares Zeichen: Wasser wird zu Wein. Sechs große Wasserkrüge, insgesamt wohl ein Fassungsvermögen von 400 vielleicht sogar 700 Litern! Eine enorme Menge Wein und dazu noch von bester Qualität! Was für ein großartiges Geschenkwunder!
Wasser wird zu Wein. Dieses äußere Geschehen lässt einen verborgenen, tieferen Sinn durchscheinen. Es ist ein wunderbares Zeichen mit einer wunderbaren Botschaft: Jesus, der in einzigartiger Beziehung zu Gott steht, ja Gott ist, dieser Jesus schenkt uns Menschen Leben, Leben in Fülle auf Erden und darüber hinaus. Jesus ist nicht nur der, der den Kranken heilt, dem Sünder vergibt, dem Kleinen Ansehen schenkt; er ist auch der, der dem Menschen in seiner Lebensfreude zur Freude in Fülle verhilft und in überbordendem Maße beglückt. Gott macht unser Leben schön!
Das wunderbare Zeichen geschieht in dieser Welt; die wunderbare Botschaft dieses Zeichens weist aber über alles Irdische hinaus. Das Zeichen weckt den Glauben der Jünger und lädt auch uns heute ein, Jesus, unserem Herrn und Gott zu glauben.
Wer auf Jesus hört und tut, was er sagt, erhält Anteil an der Fülle des Lebens, findet schon auf Erden zu einer Lebensfreude, die Gott für jeden bereithält. Jesus ist in diese Welt gekommen, damit wir das Leben haben und es in Fülle haben (vgl. Johannes 10,10).
Es ist schön, aus einer wunderbaren Lebenserfahrung heraus, aus einem Glücksmoment heraus Gott neu zu glauben. Genau dazu fühle ich mich vom heutigen Evangelium eingeladen: wachsam zu sein für die hochzeitlichen Momente im Alltag, für die besonderen Stunden der Freude und des Glücks. Lasst uns diese Momente als Geschenk Gottes erkennen!
In der Not wissen wir Christen Gott um Hilfe anzuflehen. Das heutige Evangelium lädt uns ein, aufmerksam die schönen Momente unseres Alltags wahrzunehmen und sie als wunderbare Geschenke entgegenzunehmen und dadurch unseren Glauben an Gott zu stärken.
Ich wünsche uns allen viele schöne Erfahrungen und damit eine wachsende Freude an Gott. Ich wünsche uns einen Glauben, der uns zur Lebensfülle führt. Amen.“
Pater Matthias und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!
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Das Bleibende an der Weihnachtszeit
9. Januar 2022
„Mit der ‚Taufe des Herrn‘ im Jordan geht die Weihnachtszeit zu Ende. Morgen werden die Tannenbäume in unserer Kirche wieder abgebaut, die Lichterketten werden nicht mehr leuchten. Was bleibt dann noch vom Fest der Geburt unseres Herrn?
Der Glanz der Festzeiten, die vielen Weihnachtsbräuche, die Lichterketten, der Tannenbaum, die leuchtenden Augen, das Weihnachtsgebäck, all das Fühlbare, das Anschaubare, das Sensationelle – es ist nun vorbei. Vielleicht brauchen wir es - aber ich muss es auch hinter mir lassen können, um zum Bleibenden vorzustoßen. Das Fest der Taufe Jesu führt hin zu dem, was bleibt. Im Evangelium des Tages wird von der Erwartung und Erregung des jüdischen Volkes erzählt: Ist dieser Johanne der Täufer vielleicht der Messias? Doch er muss sie enttäuschen: Ich bin nicht der, für den ihr mich haltet. Ich taufe nur mit Wasser, aber ich will euch auf den aufmerksam machen, der nach mir kommt. Er, der Messias, tauft mit Heiligem Geist und mit Feuer.
Die Weihnachtszeit lehrt uns: Aus dem Kind in der Krippe ist der Mann geworden, über dem sich der Himmel öffnet, auf dem der Heilige Geist ruht und zu dem die Stimme aus dem Himmel spricht: ‚Das ist mein geliebter Sohn, an ihm habe ich Gefallen gefunden!‘
In der heutigen ersten Lesung aus dem Buch Jesaia wird der geliebte Sohn schon beschrieben: ‚Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt …. Er schreit nicht und lärmt nicht, er lässt seine Stimme nicht auf der Straße erschallen. Das geknickte Rohr zerbricht er nicht und den glimmenden Docht lösch er nicht aus.‘ - Nichts Sensationelles umgibt ihn; kein strahlender Held erscheint auf der Bühne. Doch dieser ist dazu bestimmt das Licht für die Völker zu sein.
Wir sind eingeladen, an die Seite des geliebten Sohnes zu treten, unsere oft blinden Augen von ihm öffnen zu lassen, uns befreien zu lassen von allem, was uns bindet und daran hindert auf IHN zuzugehen. Dann werden wir vielleicht nichts Sensationelles erleben, aber Hoffnung stiften. Wir werden dann keine Engel werden, die alles Leid, alle Not, alles Unheil dieser Welt wegrollen; es reicht, wenn wir nicht müde und matt werden, um Zeuge zu sein für ihn, Jesus den Christus, den geliebten Sohn des Vaters - er bringt das Heil!“
Pater Zacharias und alle Brüder in Tabgha und auf dem Berg Zion wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!
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Aufbrechen wie die Sterndeuter
6. Januar 2022
Heute durften wir zusammen mit den Schwestern des Hl. Karl Borromäus das Hochfest der Erscheinung Des Herrn feiern. Wir bedanken uns herzlich für die besondere Gastfreundschaft und die enge Verbundenheit zwischen unseren beiden Gemeinschaften hier in Jerusalem.
Und neben dem Gruppenbild vom heutigen Tag möchten wir mit Euch auch noch einen Gedanken aus der Predigt von unserem Pater Simeon, der uns auf den Weg der Weisen aus dem Morgenland mitgenommen hat, teilen:
„Die Weisen aus dem Morgenland folgen auf dem Weg nach Bethlehem dem aufgegangenen Stern und der Evangelist Matthäus greift genau in diesem Augenblick zu Superlativen, um die Gefühlslage der Magier zu beschreiben: ‚Als sie das Gestirn sahen, freuten sie sich – groß, gar groß war ihre Freude.‘ – so übersetzt Fridolin Stier diesen Vers. Der Blick nach oben, das Greifen zu den Sternen, hat sich erfüllt. Es ist die Freude des Menschen, den Gottes Licht im Herzen ergreift. Ausdrücklich berichtet Matthäus, dass die Weisen in das Haus hineingingen und dort das Kind sahen. Es ist ein und dasselbe Verb. Diejenigen, die zuvor den Stern gesehen haben, sehen nun das Kind. So banal es ist: im Innern eines Hauses unter einem Dach ist es unmöglich den Sternenhimmel im Blick zu haben. So hat auch der Stern, dem sie Magier gefolgt sind, in dem Augenblick, indem sie Christus erblicken, seine Aufgabe erfüllt. Sie haben jetzt den wahren Stern, das wahre Licht selbst gefunden, ihn, Christus, ‚der die Welt von Freude macht‘. Die Weisen erfahren als erste die Anschauung der unverhüllten Herrlichkeit. Sie erfahren, dass der wahre Himmel in ihnen ist. Christus selbst hat sie schon gefunden, als sie noch unterwegs waren. Er hat den Stern geleitet, so dass sie auch an ihr Ziel gelangten: ‚Der Stern war das Bild des inneren Lichtes, dessen Strahl sie führte‘ schrieb einst Ernest Hello.
Als Anbetende können die Waisen dann im Angesicht Jesu nichts anders als Geben. Nachdem sie ihre Geschenke dargebracht haben, kehren sie nun scheinbar mit leeren Schatztruhen wieder zurück in ihr Land. Denn wenn es heißt ‚sie kehren auf einem anderen Weg heim in ihr Land‘, ist natürlich auf den ersten Blick die Rückkehr in die alte Gewohnheit, in die alte Heimat gemeint. Aber darüber hinaus vielleicht doch noch viel mehr. Diese Begegnung mit dem Gottessohn hat sie so verändert, dass für sie der „andere Weg“ auch zu einer inneren Glaubensüberzeugung wird. In ihrem Innern tragen sie die kostbare Erinnerung an die Begegnung mit dem Gottessohn, die ihnen niemand mehr nehmen kann. Sie, die geschenkt haben, kehren überreich beschenkt wieder heim. – Und der Stern? Von ihm heißt es, dass er stillsteht, genau an dem Ort, wo das Kind war. Danach ist vom Stern nicht mehr die Rede, es wird nicht mehr berichtet, dass er verschwindet oder weiterzieht. Wenn wir jedes Jahr in der Heiligen Nacht nach Bethlehem pilgern - in den Fußstapfen der Weisen -, dann sind wir überzeugt, dass er heute noch dort stillsteht – dann ist das für uns Auftrag und Verpflichtung diesen Weg einzuschlagen, auch wenn Wolken des Zweifels ihn verdecken, oder undurchsichtige Nebel der Entmutigung über manche düsteren Vorgänge in der Kirche und der Welt; oder, wenn verstörende Gewitter im Zusammenleben den Stern nur noch erahnen lassen. Doch zögern wir in unserem Alltag nicht immer wieder so wie die Sterndeuter aufzubrechen. Nicht morgen, sondern heute. Und wenn wir selbst mit leeren Händen an der Krippe stehen, und ihm nicht Gold Weihrauch und Myrrhe geben könne, so doch uns selbst. Ermutigt durch das Beispiel der Weisen aus dem Morgenland wird uns die Begegnung mit dem Königskind im Innern verwandeln: ‚und sie kehrten auf einem anderen Weg heim in ihr Land.‘ Amen.“
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Gott gibt uns sein Wort
2. Januar 2022
„Zu Beginn des Jahres - wenn wir über die Zukunft nachdenken, den Kalender mit neuen Terminen füllen, überlegen oder sogar deklarieren, was wir in unserem Leben ändern wollen - gibt uns Gott sein Wort, ‚das Wort, das Fleisch geworden ist und unter uns gewohnt hat‘.
Bei Gott bedeutet "das Wort geben" nicht eine einfache Deklaration, ein Versprechen oder ein frommer Neujahrswunsch. Gott weiß, dass wir nicht noch mehr Verheißungen brauchen; denn wir hören jeden Tag genug davon. Wenn Gott uns sein Wort gibt, gibt er uns auch sich selbst, das heißt sein Leben und seine Gegenwart.
‚In dem Wort war Leben.‘ Wir brauchen neues Leben und wir bekommen es. Wir können es erreichen, es ist in der Reichweite. Aber manchmal wollen wir immer noch das alte Leben versuchen, das auf uns selbst, auf unseren Plänen und unserem Wort aufbaut, in der Hoffnung, dass es genügt und hält.
‚Und das Leben war das Licht der Menschen und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst.‘ Gott gibt uns sein Wort, dass er jede Finsternis erhellen wird: Sein Wort ist das Licht, das keine Finsternis verdunkeln kann. Wir alle kennen traurige Tage, dunkle Situationen. Manchmal haben wir das Gefühl, dass es nichts mehr gibt, um sie zu erhellen. Deshalb ist es gut, dass uns das Evangelium heute sagt: ‚Das Licht leuchtet in der Finsternis.‘ Dies ist das Licht, das jedes Problem, jeden Kummer, jede Dunkelheit erhellt …
‚Allen, die sein Wort aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden.‘ Gott gibt uns sein Wort, dass er uns Macht geben wird. Wozu brauchen wir diese Macht? Um die Finsternis vom Licht zu unterscheiden. Gott hat uns mit dem neuen Leben auch einen Bezugspunkt gegeben, damit wir zwischen Licht und Dunkelheit, zwischen Gut und Böse unterscheiden können. Dieser Bezugspunkt ist sein Wort - Christus.
Wer das Licht nicht von der Finsternis, das Gute nicht vom Bösen trennt, kann sich im Leben leicht verirren, denn er handelt im Widerspruch zu Gott, dem Schöpfer, der die Erschaffung der Welt mit der Trennung von Licht und Finsternis begann.
Im Dialog ‚Der Staat‘ versetzt der Philosoph Platon einen Menschen in eine dunkle Höhle, in der nur Schatten der realen Welt zu erkennen sind. Mit der Zeit fangen die Bewohner der Höhle an, diese Schatten und Illusionen für die einzige Realität zu halten und vergessen, dass die wirkliche Welt - voller Sonnenschein - draußen ist. Sie halten Illusionen für Wahrheit und Wahrheit für Illusion.
Wenn wir das Leben wirklich leben wollen, müssen wir uns über das Gute und das Böse, über die Wahrheit und die Falschheit, über das Licht und die Dunkelheit Klarheit verschaffen. Wir können nicht endlos mit der Finsternis experimentieren und unser ganzes Leben lang nur aus unseren Fehlern lernen.
Wenn Gott uns sein Wort gibt, täuscht er uns nicht und belügt uns nicht. Es lohnt sich, dem Schöpfer zu vertrauen, ‚der Mensch geworden ist und unter uns gewohnt hat‘, um uns für ein erfülltes Leben in Licht und Heiligkeit, in Wahrheit und Güte neu zu erschaffen.“
Unser Novize Efrem und alle Brüder in Tabgha und Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!
Über
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Paul
Paul Nordhausen-Besalel ist schon etwas in der Welt herumgekommen, bis er nach seinem Pädagogikstudium in Israel landete. Aber er hat sich die Begeisterung eines Kindes bewahrt, wenn er seiner Arbeit und den Menschen, denen er dabei begegnet, entgegentritt. Als Leiter der Begegnungsstätte Beit Noah muss er das auch. – Von einem der schönsten Jobs rund um den See Genezareth berichtet er im Beit Noah-Blog.
Nina.
Nun stehen unsere Füße in deinen Toren, Jerusalem. (Psalm 122,2)
Acht Monate in Jerusalem leben und lernen: Dieser Traum wurde für Nina aus dem Schwabenland wahr.
Sie stammt aus einer württembergischen Kleinstadt bei Esslingen am Neckar. Auch für das Studium der Theologie verschlug es sie an den Neckar, diesmal direkt ans Ufer, nämlich nach Tübingen. Nach vier Semestern dort ist sie nun in Jerusalem, der Heiligen Stadt für Juden, Christen und Muslime.
In dieser Stadt, in der es nichts gibt, was es nicht gibt, macht sie jeden Tag aufs Neue faszinierende wie irritierende Erfahrungen, von denen sie im Studiblog berichtet.
Von pinkfarbenem Blumenkohl, eingelegten Oliven in Plastikeimern, Rolexverkäufern und sonstigen Erlebnissen und Begegnungen im Heiligen Land erzählt sie humorvoll auf ihrem privaten Blog „Nina im Heiligen Land” .
Lukas (STJ 2012/13)
Lukas Wiesenhütter liebt Humus, Falafel und den Gang durch die Gassen der Jerusalemer Altstadt. Nach sechs Semestern in Freiburg im Breisgau studiert er während der kommenden Monate Theologie an der Dormitio-Abtei. Nebenbei schreibt der 23-Jährige am Blog des Studienjahres mit.
Caroline
Caroline ist eine der vier DVHL-Volos, die 2013/14 in Tabgha ihren Dienst machen. Von ihrer Arbeit und ihrem Leben am See berichtet sie in diesem Blog.
Florence Berg.
Florence was raised in Luxembourg, but returned to her native country Germany to take up theological studies in the lovely town of Tübingen, where she soon added a degree in Near Eastern Archeology, simply out of curiosity.
Although in Jerusalem and the entire Holy Land it's very hard NOT to stumble across some archeological remains (and so much more not yet discovered!), she'll also have a close look at living humans.
Greek-catholic nuns and French Dominican friars, Muslims and religious Jews, Christian Palestinians and German fellow students - it's quite unique, so enjoy Florence's reports, impressions and anecdotes!
Bruder Franziskus
Wer Bruder Franziskus einmal in Tabgha erlebt hat, der hat den Eindruck, dass er schon immer da ist: Die Verbundenheit mit diesem sehr besonderen Teil der Schöpfung, die Offenheit für die Menschen und besonders die Nähe zu Jesus, der diesen schönen Ort am See mit den Menschen geteilt hat, machen aus Bruder Franziskus einen echten Tabgha-Mönch.
Auch den Neubau und die Menschen um ihn herum hat er im Blick. Im Bautagebuch erzählt er davon.
Tony
Tony (Anthony) Nelson ist von Hause aus Philosoph, d.h. von seinem ersten Studienabschluss her. Den hat er an der St. John's University in Collegeville (Minnesota/USA) gemacht. Das ist bestimmt nicht die schlechteste Voraussetzung für den zweitschönsten Job am See Genezareth: Assistent des Leiters der Begegnungsstätte Beit Noah. Tony, der im Rahmen des Benedictine Volunteer Corps bei uns in Tabgha ist, erzählt von seiner Arbeit im Beit Noah-Blog.
Annika (STJ (2012/13)
Annika Schmitz hat ihr Theologiestudium vor sieben Semestern als überzeugte Kölnerin in Freiburg im Breisgau begonnen. Sie hat also einige Erfahrung damit, sich auf fremde Kulturen einzulassen.
Bis Mitte April lebt, studiert und bloggt die 23-Jährige aus Jerusalem.
p basilius
„Willst du von der Welt was seh’n, musst du in ein Kloster geh’n!“ – Im Gemeinschaftsleben im Kloster mit den Brüdern, mit Gästen, Studierenden und Volontären kann man in der Tat viel von der Welt sehen und erfahren. Und mindestens die halbe Welt kommt nach Jerusalem und Tabgha, weil es sich einfach lohnt... – Aus diesen Welten im und ums Kloster erzählt Pater Basilius, der Prior unserer Teilgemeinschaft in Tabgha.
Mit einer Unterbrechung von etwa eineinhalb Jahren, in denen er im „Haus Jerusalem” lebte, ist Pater Jeremias schon seit über zehn Jahren in Tabgha.
Den Entstehungsprozess des neuen Klosters hat er intensiv miterlebt und geprägt: Bei der Erstellung des Masterplanes, einer Art Bebauungs- und Flächennutzungsplans, in unzähligen Gesprächen mit den Brüdern, den Architekten und den Vertretern des DVHL und in der Begegnung um im Kontakt mit Spendern, die dieses Projekt in so wunderbarer Weise ermöglichen.
Peter Blattner
Peter Blattner gehört zur vierten Generation amerikanischer Volontäre, die uns die Benediktinerhochschule St. John's/Collegeville in Minnesota schickt. Wie auch seine Vorgänger verstärkt er das Beit Noah-Team um Leiter Paul Nordhausen Besalel.
Im Beit Noah-Blog berichtet er, was er auf der und um die Begegnungsstätte so alles erlebt!
Nancy Rahn.
Nancy ist Weltenbummlerin und beobachtet gerne Menschen. Dafür ist sie in Jerusalem genau an der richtigen Adresse.
Ursprünglich studiert Nancy im kleinen Tübingen und genießt deshalb den Trubel und das Getümmel in den kleinen und großen Straßen ihrer neuen Heimat auf Zeit.
Von eindrücklichen Erfahrungen, witzigen und nachdenklichen Begegnungen und davon was es heißt, mit einem Haufen ganz unterschiedlicher Menschen zusammen ein dreiviertel Jahr lang das Land der Bibel kennenzulernen, berichtet sie im Studi-Blog.
Weitere Beobachtungen teilt Nancy auf ihrem privaten Blog Nancy auf dem Zion.
Pater Ralph
Spötter behaupten, eine der wichtigsten Beschäftigungen der Benediktinermönche sei es zu bauen. – Das ist genauso böse wie richtig. Denn der Bau eines neuen Klosters in Tabgha ist für unsere Gemeinschaft dort ausgesprochen wichtig, um an diesem beliebten und belebten Pilgerort einen sicheren und geschützten Lebensraum als Mönche zu haben. – Pater Prior Ralphs Tagewerk richtet sich nach den Baumaschinen und Handwerkern, wovon er im „Bautagebuch“ berichtet.
Tobias Weyler.
Tobias ist gebürtiger Düsseldorfer und Kölner Erzbistumskind. Deshalb lag es nahe, dass er sein Theologiestudium vor zwei Jahren in Bonn begann.
Jerusalem und Israel reizen ihn politisch, sprachlich, kulturell, wissenschaftlich und natürlich religiös. Über seine Erfahrungen und Eindrücke berichtet er hier zusammen mit Nina und Nancy.
Außerdem bloggt Tobias auch unter yerushalayimshelzahav.over-blog.de!
Carolin.
Mein Name ist Carolin Willimsky. Ich bin dieses Jahr (2012/13) Volontärin in Tabgha, dabei werde möglichst regelmäßig diesen Blog schreiben.
Abbot Gregory
Born and grown up in Belfast Abbot Gregory made, of course, very specific experiences with people of different religions or denominations. It is not only a question of peace or violence, even more it is a process of learning together.
As an Irish monk of a German monastery in the holy city of Jerusalem Abbot Gregory will share his impressions of ever day’s life here in Jerusalem between all those people of various languages, cultures and religions – not always easy people, but interesting people.