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Wenn uns die Augen wirklich aufgehen

23. August 2019

Sr. M. Xaveria Jelitzka (1927-2019) Sr. M. Xaveria Jelitzka (1927-2019)

Predigt von Pater Jonas im Requiem für Schwester. M. Xaveria (Eleonora) Jelitzka (1927-2019) von den Borromäerinnen am 21. August 2019 in St. Charles (Jerusalem)

Predigttexte:
Offb 21,1-7
Lk 24,15-35

(Anmerkung: Nach der Verkündigung haben die Mönche der Dormitio und von Tabgha mit der Trauergemeinde den „Auferstehungshymnus” gesungen, den wir auch in den Vigilien der Sonntage nach der Verkündigung eines der Oster-Evangelien singen. Hierauf nimmt der Eingangssatz der Predigt Bezug...)

Ja, Christi Auferstehung haben wir geschaut, schaut sie jetzt, unsere Schwester Xaveria!

Liebe Borromärinnen, liebe Angehörige, liebe Schwestern und Brüder, liebe große Trauergemeinde,

für uns Glaubende gibt es keine Zufälle! Das ist mir wieder so deutlich geworden als ich hörte, dass am gleichen Tag, an dem Schwester Xaveria hier in Jerusalem heimging, auch Schwester Aniceta in Kairo verstarb. Beide kannten sich gut.

In den letzten Tagen vor ihrem Sterben sprach Schwester Xaverias sprach davon: „ Ich muss doch noch Schwester Aniceta in Kairo besuchen...!” Welch eine Ahnung! Jetzt besuchen sich beide in der Gemeinschaft des Himmels und schauen im Himmlischen Jerusalem gemeinsam SEIN Angesicht. Ihr Glauben hat sich jetzt in Schauen verwandelt, ihre Sehnsucht in Sehen.

Der Tod eines uns nahe stehenden und liebenswerten Menschen macht es uns radikal deutlich und schmerzlich spürbar: Wir sind auf dem Weg. Wir sind Gäste. Wir sind unterwegs. Wir sind Reisende. Dabei ist uns Schwester Xaveria jetzt mindestens einen Schritt voraus in ihrem Leiden, im Wissen um unsere Endlichkeit und ihrem Sterben.

Raum und Zeit der Erinnerung und des Gedenkens

Heute, an diesem Tag des Abschieds im irdischen Jerusalem, ist Raum für das Gedenken an unsere Schwester Xaveria hier bei den Barmherzigen Schwestern des Hl. Karl Borromäus in St. Charles, für die Erinnerung an gelebtes Leben: Wieviel Lachen! Und wieviel Pläne! Wie viele Jahrzehnte des gemeinsamen Lebens in dieser Ordensgemeinschaft in Alexandria, in Kairo, in Emmaus, hier in St.Charles in der German Colony in Jerusalem. Und mit uns Brüdern der Dormitio. – Als einer der Brüder möchte ich heute das deutlich hervorheben: Sie nannte uns freundlich und herzlich: „die Brüder vom Zion“ in dieser geschwisterlichen Verbundenheit.

Wie viele Verbindungen, innere und äußere, auch wie viele Abbrüche schwieriger Verbindungen gehören zum Leben. Unsere Toten waren und sind gute und intensiv lebende Menschen mit eigenem, starken und persönlichen Charakter. Schwester Xaveria war wahrlich eine starke Frau des Orients. So und mit viel Glauben und Vertrauen hat sie das Leben in all seinen Facetten gemeistert. Wenn man alleine bedenkt, wie in diesen Jahrzehnten dieses Land von Krieg, Gewalt und Terror heimgesucht wurde und sie dann in Gemeinschaft stabil blieb und ausgehalten und ermutigt hat.

Ja, Vertrauen in einen Menschen. Vertrauen in uns selbst... – Wie buchstabiere ich das wieder neu?

Wir erleben jetzt spürbare Trauer und geweinte Tränen, aber auch großen Dank und manchmal Aufatmen, dass das immer schwerere Atmen Schwester Xaverias bis zum letzten Atemzug zu Ende gegangen ist, hinein in den Atem Gottes. In das Leben und Weiterleben im und durch den Atem Gottes, das meint auch Auferstehung. Im Atem Gottes und Jesus, dem Christus, jetzt leben.

Wir denken an das Ende eines großen Lebens und verneigen uns davor in Anerkennung und Wertschätzung; wir spüren das Ende auch in uns selbst.

Ende – kein Wort mehr, keine Geste mehr, keine Fürsorge mehr, Ende.

Wem gilt mein Vertrauen, wenn das Ende spürbar ist? Schwester Xaveria hat diesem Ende und in diesem irdischen Ende dem Anfang in Gott mit immer trüber werden Augen entgegen geschaut, mit den inneren Augen der Sehnsucht.

Raum und Zeit für Trauer

Trauern braucht Zeit und tut weh. – Liebe Oberin Schwester Daniela, liebe Schwestern, lassen Sie sich diese Zeit des Erinnerns an Ihre Schwester Xaveria, der Sie verdanken, dass Sie hier sind. Sie hat Sie ermutigt zum Aufbruch ins Heilige Land, und sie hat Sie gefördert, aber auch gefordert. Sie hat Sie geprägt mit Klarheit und Bestimmtheit, aber immer auch mit Heiterkeit und einem verschmitzten Lächeln.

Das war mein letzter Abschied von ihr, als wir vor Wochen über den Jakobssegen sprachen und die Weitergabe des Segens. Das ist mir von ihr in liebender Erinnerung geblieben.

Abschied nehmen tut weh – auch wenn jemand im 91. Lebensjahr gestanden und vor 65 Jahre seine Profess abgelegt hat.

Vertrauen, das schwerste ABC, wie es Hilde Domin einmal formuliert hat, Schwester Xaveria hat es während ihres ganzen Lebens gelernt und gelebt. – Leben und Liebe, Anfang und Ende nachbuchstabieren, auch mit den vielen Sprachen, die sie beherrschte; wieder heiter sein können und Zukunft wagen, das gibt uns Schwester Xaveria heute mit auf unseren Weg des Trauerns und der Hoffnung.

Schauen wir noch einmal auf das Emmaus-Evangelium: Auch Schwester Xaveria konnte den ihr anvertrauten Menschen „das Herz brennen“ lassen. Auch sie konnte andere Menschen für etwas begeistern. Auch bei ihr konnte man sich ausweinen und sich fallen lassen. Und das sind in der Tat Dinge, die bleiben werden, wie ein reicher Schatz, der Ihnen geschenkt worden ist.

Sie ist nun gestorben, und Sie konnten sie nicht festhalten, das ist wahr. Aber diese Erinnerungen sind es, die Ihnen helfen können, den Schmerz über diesen großen Verlust auszuhalten, indem Sie davon einander weitergeben.

Hier sind die Augen nun geschlossen, aber im Tod sind ihr die Augen wohl endgültig aufgegangen – wie den Emmaus-Jüngern – und sie erkennt Gott in Ewigkeit!

Raum und Zeit für das neue Leben in IHM

Ja, der Auferstandene geht noch immer mit uns. ER geht mit in allen Höhen und Tiefen, oft unsichtbar und vielleicht manchmal in der Gestalt eines unbekannten Wegbegleiters. Er hat noch immer die Kraft uns sehend zu machen.

Ja, wir dürfen und können hier eine neue Bleibe finden auf dieser Erde, dürfen neue eigene Gedanken denken, dürfen aber auch das, was irgendwie noch in uns steckt durcharbeiten – durchtrauern, durchleiden und durchleben.

Um das Jenseits brauchen wir uns nicht zu kümmern – ums Hier und Jetzt, um ein neues Lachen hier und jetzt, um den Glanz einer jeden Träne hier und jetzt. Trotz und bei allem Ende, was wir bedenken, was wir fühlen – es bleibt: vom Himmel her hat unsere Verstorbene Schwester Xaveria nicht vergeblich gelebt, und vom Himmel her ist unser Leben und unser Leiden, unser Weinen und unser Vertrauen nicht vergeblich.

Wie eine neue Erde aussehen wird wissen wir nur in Bildern. Doch der Keim, der Same von Vertrauen, der Same von neuer Freude, von neuer Hoffnung beginnt sich schon jetzt zu entfalten.

So beginnt eine neue Welt in uns, so leuchtet sie schon jetzt hell! lasst die Liebe und lasst das Vertrauen wachsen und leuchten und lasst das Vertrauen in eine Welt, die von oben beschienen wird mit neuer Verheißung nicht in uns und um uns heraus ausgehen! Lasst die Möglichkeit der Gerechtigkeit für alle wachsen und leuchten!

Schweres ABC, gewiss. Am Ende bleibt ein Licht, das uns leuchtet. – Nehmen wir es in uns auf, wieder neu.

Glauben wir diesem Licht, der von sich gesagt hat: „ Ich bin das Licht der Welt – Ihr seid das Licht der Welt.“ Es ist das Licht des Auferstandenen, symbolisch hier neben dem Sarg steht dafür die Osterkerze: Licht des Lebens, Licht der Hoffnung, Licht das uns allen leuchtet.

Herr, du Licht und Leben, lass Schwester Xaveria in deinem Licht leben für immer!

Auf der Website der Schwestern von St. Charles gibt es den Nachruf des Konventes und einige Bilder aus dem bewegten Leben von Schwester Xaveria. HIER klicken.