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Quellen

24. Februar 2019

Predigt von Pater Basilius am 7. Sonntag im Jahreskreis, Sonntag, 24. Februar 2019, in der Brotvermehrungskirche in Tabgha.

Schrifttexte des Sonntags

Der Pool im Garten von Tabgha - gespeist aus den Quellen. Der Pool im Garten von Tabgha - gespeist aus den Quellen.

Liebe Schwestern und Brüder,

in unserer Welt wird viel von Verträgen und Abkommen, von Deals und Vereinbarungen gesprochen, es gibt Verordnungen und Regeln und Gesetze.

Ob es um Dieselfahrzeuge, Abrüstung oder den Brexit geht, um unsere privaten Angelegenheiten oder die großen Fragen zwischen den Staaten und Mächten: Es gibt viel wichtiges beschriebenes Papier. Dazu noch all die vielen Gespräche und Meetings und Konferenzen: viele Worte, viele gute und wichtige und richtige, aber nicht nur. Und dann natürlich noch all das, was wir in den verschiedenen Medien sehen und hören und lesen. – Viele, viele Worte und viel, viel Text.

Natürlich, je komplexer unsere Gesellschaften werden und je vielschichtiger die Fragen unseres Miteinanders, um so mehr Energie braucht es zur Klärung. – Doch unsere Worte werden immer lauter und schriller, plakativ, grell und reißerisch.

Vielleicht kann ein Sonntag in Tabgha guttun. Zumal mit unserem heutigen Evangelium. Denn es braucht nicht viele Erklärungen. Es geht um einfache Dinge unseres Alltags.

Und wir sind hier in Tabgha, einem Ort, der bis heute die Menschen zum Ruhen einlädt. Das war schon zu Jesu Zeiten der Fall, der sich mit Seinen Jüngern hierher zurückzog, um auszuruhen und sich neu zu sammeln. Denn hier war es ruhig und grün.

Hier gab es damals wie heute sieben Quellen, die unserem Ort den Namen geben: Sieben-Quell, griechisch Heptapegon, arabisch verschliffen zu Tabgha.

Sieben Quellen, die Leben und Wachstum ermöglichen. Mitten im Alltag.

Ich möchte daher mit Ihnen, liebe Schwestern und Brüder, sieben Teilaspekte unseres heutigen Evangeliums anschauen, die für uns in eigentlich einfacher Weise Leben und Wachstum ermöglichen.

Denn sie helfen uns, Jesus und Seinen Weg neu in den Blick zu nehmen. Den Weg, der uns zu wahrem Leben und Heil führen will, den Weg, der Frieden und Versöhnung auch für die Menschen unserer Zeit und unserer Welt sein kann. – Wenn wir, Jesu Schwestern und Brüder, uns trauen, diesen Weg einzuschlagen.

(I) Liebt eure Feinde

Feindesliebe ist keine Gefühlsduselei, kein Friede-Freude-Eierkuchen. Es ist eine bewusste Entscheidung und eine Grundhaltung im Leben, die durchaus Kraft und Disziplin erfordert. – Aber es ist eben auch genau der Weg, den Gott mit uns Menschen geht. Und Er traut ihn auch uns zu.

(II) Betet für die, die euch beschimpfen

Das Beten für die, die uns Böses wollen und Böses tun kommentiert der heilige Basilius sehr treffend: „Du bist ein Mensch: verspritze nicht Schlangengift, dann wirst du dich auch nicht in ein wildes Tier verwandeln. Der Mund ist dir nicht zum Beißen gegeben, sondern damit du die Wunden anderer heilst.“

(III) Gib jedem, der dich bittet

Es ist eine Binsenweisheit, dass es eigentlich genug Güter, genug Energie und Lebensmittel für alle Menschen gibt, aber dass die Verteilung falsch und ungerecht ist. – Wer von uns in der Position wäre, daran auch gewissermaßen etwas „von oben“ tun zu können, mag dies tun.

Aber ist nicht Jede und Jeder von uns im Alltag schon aufgefordert mit den Augen Jesu zu schauen, um zu erkennen, was wir wirklich brauchen und was eben auch nicht? Hören wir, wenn man uns bittet zu teilen? Warum muss man uns überhaupt bitten?

Gott selbst gibt. Sich selbst. Fraglos. – In der Eucharistie und auch in unserem Nächsten.

h3. (IV) Wie ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen...

Das ist der Kern der so genannten „Goldenen Regel“, die sich so ähnlich durch die meisten Religionen und Philosophien zieht. – Wichtig: Es ist nicht nur die negative Minimallösung nach dem Muster, „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu“.

Es ist vielmehr eine Art proaktiver Steigerung: Nicht nur Böses und Schädliches meiden, sondern selbst aktiv Hilfreiches und Gutes tun.

(V) Seid barmherzig...

Wenn es nur darum ginge, dass wir barmherzig sein sollen, dann würden wir sehr schnell in der Gefahr stehen, dass es selbstgefällig und gönnerhaft wird, im letzten egozentrisch. – Aber es geht um mehr.

Der heilige Benedikt sagt uns Mönchen in unserer Regel, dass wir an der Barmherzigkeit Gottes niemals verzweifeln sollen.

Das reicht tief: Es bedeutet aus wirklich tiefstem Herzen das Gute zuzulassen und das Beste ermöglichen für meinen Bruder; ihm Heilung und Vergebung wirklich gönnen, auch wenn er schuldig wurde und sich verfehlt hat. Und das gleiche auch für mich selbst annehmen und erhoffen.

Gutes und Heil für alle. Denn das ist Gottes Wille, das ist die Liebe Gottes. Seine Barmherzigkeit, an der wir nie, niemals zweifeln sollen.

(VI) Verurteilt nicht

Wir sind geneigt, ständig zu vergleichen und zu bewerten. Wir haben unsere Erfahrungen und Maßstäbe. Die anderen passen da nicht immer rein.

Es geht nicht um Diebstahl und Mord. Es geht darum, wie wir unsere Nächsten sehen und wahrnehmen. Wie eng die Schubladen sind, in die wir einander stecken, seien die Gründe dafür auch noch so gut und vernünftig.

Einander zu ermahnen und zu korrigieren, in Aufrichtigkeit und Liebe, das ist das eine.

Einander zu verurteilen, das ist etwas anderes. Denn das schafft Mauern und Zäune, Gefängnisse und Blockaden.

(VII) Erlasst einander die Schuld…

Der Tübinger Theologe Fridolin Stier übersetzt noch pointierter: „Lasst frei, dann werdet ihr freigelassen!“

Es gibt so viele und so verschiedene Mauern und Grenzen und Blockaden zwischen uns Menschen: weil wir Recht behalten wollen, weil wir verletzt sind, weil wir uns verrannt haben, weil, weil, weil…

Einander vergeben, bedeutet, diese Mauern und Blockaden abzubauen, bedeutet, einander freizulassen, damit wir zusammen und frei weiter gehen können.


Liebe Schwestern und Brüder, diese sieben Schlaglichter aus unserem heutigen Evangelium sind wie unsere sieben Quellen in Tabgha:

Irgendwie hängen sie alle zusammen, sind Spielarten und Variationen des gleichen Wassers aus der Tiefe. Und in allen spiegelt sich die gleiche Sonne und bringt sie zum Leuchten. Sie alle sind Lebensgrundlage für die Pflanzen an ihren Bachläufen, für die Fische und Lebewesen in ihnen und an den Ufern. Sie bilden die Grundlage für Leben und Wachstum.

Christus, unser Herr, ist die Sonne, die sich in diesem Wasser spiegelt. Er selbst will uns an diese Wasser des Lebens führen. Denn Er will, dass unser „Lohn groß sein“ wird, und dass wir „Kinder des Höchsten“ heißen. Dass wir in „reichem, vollem, gehäuftem, überfließendem Maß“ beschenkt werden.

Leben und Heil. In Fülle. Und für alle. Einfach.

Tabgha ist ein einfacher Ort: Quellen und Gras, etwas Brot und etwas Fisch. Und es reicht.

Solche Einfachheit, solche Klarheit, die wünsche ich auch unserer Kirche und unseren Gesellschaften, die wünsche ich jedem und jeder Einzelnen von uns. Denn es ist der Weg Jesu.

Nicht viele Worte und nicht viel Text: Das Wort Gottes, Jesus, unser Bruder und unser Herr, unsere Versöhnung, unser Heil und unser Leben.