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Studi-Blog


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Kostbar-zerbrechlich

„Liebe Schwestern und Brüder,
wann haben Sie zuletzt mit Seifenblasen gespielt? Oder welche gesehen? – Wenn Sie sich jetzt Seifenblasen vorstellen, einzelne oder einen ganzen Schwarm aus einem Automaten, was sehen Sie dann, was empfinden Sie?

Die Blasen, im freien Flug vom Wind getragen, die Lichteffekte im bunten Spiel der Sonnenstrahlen…

Und dann ist es auch ganz schnell vorbei. Geplatzt. Vergangen. – Windhauch, sagte Kohelet, alles Windhauch. Seifenblasen sind vielleicht ein Bild dafür.
Ähnlich zart, glitzernd, filigran und schön, verspielt und kostbar können Glaskugeln wirken. Nicht die massiven Kristallkugeln, in denen mancher seine Zukunft sucht, sondern solche wie Christbaumkugeln, nur eben ohne Farben oder Gold - durchsichtige, klare Kugeln aus einer dünnen Glashülle. Und wehe, wenn sie fallen, denn anders als Seifenblasen können Glaskugeln nicht fliegen.

Zerbrechlich sind beide. Wer sie grob und unachtsam anfasst, zerdrückt sie. Gewalt hält nicht.

Halten und festhalten. – Das ist eines der Leitmotive unserer heutigen Schrift-Lesungen: Kohelet, für manche geradezu die Ikone biblischen Weltschmerzes, relativiert sehr vereinfacht und zugleich plakativ alles menschliche Streben nach ‚Besitz durch Wissen, Können und Erfolg‘, wie Kohelet schreibt: Windhauch, alles Windhauch. Man kann es nicht festhalten, und auch einen selbst vermag es nicht zu halten. Weder mein Besitz noch meine Weisheit, auch nicht meine Sorgen und Ängste. Nichts. – Alles verfliegt und vergeht, wird dünner und zerreißt wie Seifenblasen.

Es wäre vielleicht eine verständliche menschliche Reaktion, zumindest den Augenblick zu genießen, sich der Leichtigkeit und dem Glanz der Seifenblasen bewusst zu ergeben, sich daran zu freuen, solange sie eben da sind. – Im Kolosserbrief warnt Paulus aber die Christinnen und Christen ausdrücklich davor: Irdisches, ungezügelte Leidenschaften, gottvergessener Götzendienst, all das führt weg vom wahren und ewigen Leben, entfernt uns von der Wahrheit und Liebe Gottes, der uns in Christus zu neuen Menschen machen will. – Der alte Mensch, der festhalten will, der ist in Christus gestorben, der neue Mensch wird eins und heil und frei in Christus.

Festhalten wollte auch der reiche Bauer im Gleichnis Jesu im Evangelium. Seine Planungen und Gedanken sind eigentlich logisch und klingen verantwortungsvoll. Doch Jesus demaskiert auch in ihnen die Seifenblasen unseres Denkens und Planens: In der nächsten Nacht schon kann alles vorbei sein.

Fast schmerzhaft ist der Einstieg in das Gleichnis, als ein Mann auf Jesus zukommt, weil er mit IHM offenbar die Vorstellungen von Gerechtigkeit und Teilen verbindet. Was sollte daran falsch sein? Aber Jesus kanzelt ihn schroff ab! – Auch Jesus, auch Gott selbst, kann im Letzten nicht festgehalten werden. Gott lässt sich nicht von unseren Wünschen und Ideen definieren, seien sie auch noch so gut gemeint und edel. Gott lässt sich nicht festlegen und festhalten.

Wo wir IHN mit unseren allzu kleinen Gottesbildern und Projektionen konfrontieren, zerplatzen sie wie eine Seifenblase, die man mit der Hand fangen möchte. Gott ist nicht verfügbar und nicht instrumentalisierbar. – Vielleicht einer der herausforderndsten und zugleich wichtigsten Impulse für uns, die wir in einer Zeit leben, in der manches, was in Kirche und Gesellschaft kostbar und wichtig erschien, sich doch eher als Seifenblase herausstellt: allzu Irdisch, besitzorientiert, Gespinst des Geistes, Windhauch, Götzendienst.

Seifenblasen können allenfalls mit Tricks, Wasser und Seife auf der Haut, in die Hand genommen werden. – Glaskugeln hingegen kann man anfassen, auch wenn sie zerbrechlich sind. Man darf aber nicht drücken. Man kann sie nicht werfen, ohne dass sie zerspringen.

Worauf also kommt es in unserem Leben an? Was ist wichtig? Was bleibt? ‚Das, was oben ist‘, sagt Paulus; das, was ‚dem neuen Menschen‘ entspricht, ‚der nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird, um IHN zu erkennen‘. – Gott erkennen, das ist es worauf es ankommt in unserem Leben. Und ich glaube, dass so manches, was wir von Gott in diesem Leben erkennen, auch nur eine Glaskugel ist: kostbar und zart, aber auch zerbrechlich und mit Vorsicht und in Demut zu behandeln.

Liebe Schwestern und Brüder, ich wünsche Ihnen und Euch im Sinne unseres Tagesheiligen Ignatius von Loyola die Gabe der Unterscheidung der Geister, damit wir die vielleicht schönen, aber letztlich unwichtigen Seifenblasen in unserem Leben erkennen und weiterfliegen lassen können, und damit wir auch die Glaskugeln auf unserem Weg zu Gott erkennen und wertschätzen und entsprechend mit ihnen umgehen können: Momente des Glücks, der Versöhnung und Heilung in unseren Beziehungen untereinander; Erfahrungen einer inneren Freiheit und eines inneren Friedens, wie sie den Kindern Gottes geschenkt ist; die vielleicht kurzen Einblicke in das ‚Oben‘ und die kleinen Schritte auf dem Weg unserer Neuschöpfung in der Kraft des Heiligen Geistes, im Namen des Sohnes, in der Ewigkeit des Vaters.“

Pater Basilius und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag.

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Herr, lehre uns beten!

„‘Herr, lehre uns beten, wie schon Johannes seine Jünger beten gelehrt hat‘ - der Jünger, der diese Bitte im Lukasevangelium ausspricht, hat als Jude von Kindesbeinen an gelernt zu beten. Aber die Jünger erleben Jesus im Gebet, und das macht sie unsicher: Ist unsere Art zu beten richtig? Wie betet Jesus? Die Jünger sind neugierig. Doch Jesus entfaltet keine Gebetslehre vor seinen Jüngern; er lädt sie ganz einfach ein: ‚Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, …‘. Abba, Vater, Papa – so reden Kinder ihren Vater an, wenn sie von ihm etwas wollen. Und so, voller kindlichem Vertrauen, sollen die Jünger Jesus sich Gott im Gebet nähern.

Der fragende Jünger, ein gläubiger Jude, hat gelernt, sein Gebet mit einer feierlichen Anrede zu beginnen, so wie wir das auch kennen: „Allmächtiger, ewiger Gott, Herr des Himmels und der Erde.“. Der Unterschied zwischen Gott und uns armen Sündern wird herausgestellt. Jesus beginnt sein Gebet stattdessen sehr direkt: ‚Abba/Vater, …‘. Auch ein feierlicher Schluss fehlt, im Lukasevangelium endet das Vater Unser einfach mit der letzten Bitte: ‚und führe uns nicht in Versuchung!‘. So endet es einfach: Ich höre jetzt höre auf zu beten, aber das Gebet geht weiter. Wir sind es gewohnt das Vater Unser mit einem feierlichen Schluss zu beenden: ‚Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.‘ So oder ähnlich enden die Gebete auch im Judentum. – Wie der Evangelist Lukas das Gebet Jesu überliefert, passt es eigentlich nicht in feierliche Gottesdienste, es ist Gebet im Alltag, für den Alltag. Drum ist es auch von vorn bis hinten ein Bittgebet, das Gebet der einfachen Leute; sie bringen, ohne Umschweife, ihre alltäglichen Sorgen zu Gott hin: ‚Gib uns das tägliche Brot, das wir brauchen, erlass uns unsere Sünden, und führe uns nicht in Versuchung.‘ In den täglichen Sorgen und Nöte gebraucht man keine großen Begrüßungszeremonien, man kommt gleich zur Sache. Ich brauche Gott nicht zu sagen, wer er ist.

Es ist Geschenk für unseren Glauben und für unser Beten, dass uns das Vater Unser in zweifacher Form überliefert ist: Im Matthäusevangelium in einer etwas feierlicheren Form für das Gebet im Gottesdienst, in der Gemeinschaft, und im Lukasevangelium in der schlichten Sprache. Im Lukasevangelium wird uns gelehrt, wie unsere Grundhaltung zu Gott sein soll: freundschaftlich, voll Zutrauen, zutraulich, wie es einem Kind, das sich an den Vater schmiegt, zu eigen ist. Vielleicht sollten wir auch diese Fassung des Vater Unser auswendig lernen, damit wir wissen, wovon unser Beten geprägt sein soll: von kindlichem Vertrauen!“
Pater Zacharias und alle Brüder in Tabgha und in Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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...sich verschenken ...

„In den letzten Tagen bin ich – sicherlich nicht zufällig - auf einen Gedanken von Pablo Picasso, der sehr gut zu unserem heutigen Evangelium passt, gestoßen: ‚Der Sinn des Lebens besteht darin, seine Gabe zu finden. Der Sinn des Lebens ist es, sie zu verschenken.‘ In diesem Zitat entdecke ich die beiden Frauen, Maria und Martha, bei Jesus. Beide suchen mit Jesus nach dem Sinn des Lebens und finden darin Gaben und Talente. Beide verschenken sich auf unterschiedliche, aber in ergänzender Weise im Hören und Tun.

In zwischenmenschlichen Beziehungen geht es um den kairos, den richtigen Moment. Es sind die wenigen Momente, in denen die Seele des einen dem anderen begegnet, sich dem Sprechen öffnet. Begegnungen mit Jesus in der Stille zählen oft mehr als Taten im Laufe vieler Jahre. Wo treffen wir Menschen, die wirklich zuhören können und nicht schon im Halbsatz eine Antwort parat haben? Und mehr noch: Wo treffen wir Menschen, die zwischen den Zeilen lesen und die oft stumme Sprache des Herzens wahrnehmen?

Eine kleine Geschichte aus meiner Zeit als Pfarrer: Als ich vom Bischof meine erste Pfarrstelle zugewiesen bekam, fragte ich mich, ob ich alles allein machen möchte: Gibt es einen Menschen, der mit mir als kleine vita communis im Pfarrhaus und mit der Gemeinde leben will? - um mit dem Evangelium zu sprechen: nicht nur eine Martha, sondern auch eine Maria. Durch verschiedene Kontakte habe ich eine ältere Frau, die aus der Maria-Martha-Gemeinschaft zu mir kam. Der Name dieser Gemeinschaft bringt das zusammen, was zusammengehört: Kontemplation und Aktion, geistliches Leben und praktisches Handeln. Wir hatten eine gute, gemeinsame Zeit mit allem gegenseitigen Respekt und aller Wertschätzung füreinander. Und sie, die ältere Frau, hatte die Gabe, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich jeder Gast wohlfühlte.

Das es genügt, einfach da zu sein, muss für alle, die Jesus begegnet sind, eine der wichtigsten Erfahrungen gewesen sein. Er wollte nicht, dass die Menschen zu sehr beschäftigt sind. Er wollte nicht, dass wir Momente vergeuden, die Momente der Gnade sein könnten, indem wir unsere eigene Aktivität an die Stelle der Realität setzen, unsere eigenen Handlungen an die Stelle unserer eigenen Existenz. Jesus wollte, dass es in unserem Leben Momente gibt, die zumindest in der Nähe des Göttlichen liegen und etwas von Gottes Ruhe, als er die Welt erschuf, widerspiegelt. In der Seelsorge gibt es die großen Macher, als ob das Leben so praktisch geordnet, so leicht verordnet werden könnte, als ob die wirklichen Fragen des Lebens nicht erst dann zugänglich wären, wenn Ruhe eintritt und ein inneres Erwachen beginnt. Es ist schlimm, wenn wir immer in der Angst leben, dass wir in den Augen der Menschen nur das sind, was wir tun und leisten, was wir schließlich vorzuweisen haben.

Es ist uns bekannt, dass Zuhören nicht dasselbe wie Hören ist. Es gibt das gespannte Zuhören und das oberflächliche Zuhören. Wie gehen wir mit dem Wort Gottes um? Leben wir in der Sorge, wir könnten etwas überhört haben, was Gott uns schon längst sagen wollte? ‚Das Wort ist ganz nahe bei dir‘, heißt es in Deuteronomium 30,14. Man kann es nicht wirklich überhören. Die zentralen Themen der heutigen Lesungen sind die Bedeutung der Gastfreundschaft im christlichen Leben und die Notwendigkeit, auf Gott zu hören, bevor man handelt. Jesus nahm alle auf und kümmerte sich um die Bedürfnisse aller und spiegelte in seinem Handeln die Gastfreundschaft Gottes wider. Der Schlüssel zum christlichen Leben ist die Festlegung von Prioritäten: Jesus Christus zuerst, dann alles andere, das hat Maria bereits verstanden. Die einzige Möglichkeit, diese Lektion wirklich zu lernen, besteht darin, jeden Tag einige Zeit damit zu verbringen, ‚zu den Füßen Jesu zu sitzen‘, es ist keine vergeudete Zeit.

In der heutigen ersten Lesung wird beschrieben, wie die Gastfreundschaft von Abraham und Sarah gegenüber Fremden von IHM, der selbst zu Gast ist, belohnt wurde. Im Evangelium wird deutlich, wie Martha, ein echtes Kind Abrahams, die traditionelle großzügige Gastfreundschaft ihres Volkes auf Jesus, den wahren Messias, ausdehnen wollte. Sie bereitete ein aufwendiges Mahl für ihn, während ihre Schwester Maria ihre Zeit damit verbrachte, mit ihm zu reden und ihm zuzuhören. Das heutige Evangelium, in dem Martha als treibende Kraft und Maria als wahre Zuhörerin des Wortes Gottes dargestellt wird, lädt uns ein, anderen mit Marthas Eifer zu dienen, nachdem wir unsere geistigen Batterien jeden Tag durch Gebet - Hören auf Gott und Reden mit Gott - aufgeladen haben, wie Maria es tat. Nur wenn wir Gottes Wort in unser Herz und unseren Verstand aufnehmen, können wir anderen wirklich dienen.“

Pater Jonas und alle Brüder in Tabgha und Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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Wem bin ich der Nächste?

„Es ist ein anstrengender Weg: 30 Kilometer durch die Wüste Juda. Der Gang muss gut geplant sein, an Verpflegung und Wasser muss gedacht werden. Ein Höhenunterschied von 1200 Metern gilt es zu bewältigen: viele steile Felsschluchten, ein ausgetrocknetes Wadi, bröckeliges Gestein. Leicht kann der Fuß umknicken oder der Esel hat wieder seine störrische Phase und bockt. Das ist kein leichter Spaziergang, sondern ein Weg mit Strapazen - auch für Geübte. Schnell ist man müde und erschöpft. Man wünscht sich bald ans Ziel und am Ruheplatz, an den Quellen und den schattigen Bäumen in Jericho anzukommen; und auf dem Weg ist man nicht geschützt, vor Räubern und Dieben, die einem auflauern können. Jeder, der schon mal durch das Wadi Qelt, dem Wadi, das von Jerusalem nach Jericho führt, gegangen ist, wird ähnliche Gedanken gehabt haben. So wird auch der Mann aus Samarien, der in Jerusalem war und wahrscheinlich nach Hause will, gedacht haben. Und da das: Da liegt jemand am Wegrand – blutend, zusammengeschlagen. Was wird sich der Mann aus Samarien wohl in diesem Moment gedacht haben? ‚Das hat mir gerade noch gefehlt? Mensch, Du hast mir gerade noch gefehlt? Eigentlich passt es mir momentan nicht, ich habe gerade viel zu tun. Wenn ich Dir helfe, verpasse ich meine Angelegenheiten und Geschäfte, komme ich zu spät nach Hause, zu meiner Familie, die wartet und sich Sorgen macht. Wenn ich Dir helfe, verpasse ich meinen Gottesdienst. Wenn ich Dir jetzt helfe, mache ich mich schmutzig, werde ich auch blutverschmiert, werde ich unrein. Vielleicht ist es ja auch eine Falle?‘

Wie bequem wäre es, wenn man die Verwundeten vor der eigenen Tür fände. Aber da sind sie nicht, meistens. Ja meistens kommt alles zusammen: man findet den Hilflosen gerade dann, wenn man selbst angeschlagen ist, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann, wenn man erschöpft durch das Wadi des Lebens gehen muss. ‚Mensch, Du hast mir gerade noch gefehlt!‘ Da hat man Mühe allen Anforderungen des Alltags gerecht zu werden, reißt sich schon alle Beine aus, um Studium, Beruf, Arbeit, Familie gerecht zu werden und dann das: Da liegt plötzlich ein Hilfloser oder eine Hilflose vor meinen Füßen. Ja, diese Not stört, der Nächste stört, aber: Störungen haben Vorrang, der Nächste hat den Vorrang.

Auch nach fast 2000 Jahren hallt die Frage des Gesetzeslehrers nach: Wer ist mein Nächster? Diese Frage muss aber anders formuliert werden; so wie sie Jesus am Schluss der Parabel formuliert: nicht statisch, sondern aktiv, beziehungsmäßig, dynamisch - im Dativ! Wer ist dem Notleidenden zum Nächsten geworden? Nicht wer ist? Sondern: Wem bin ich der Nächste? - Denn diese Frage lässt sich nicht theoretisch beantworten! Jede Situation - heute, morgen, übermorgen – kann mich zum Nächsten machen. Entscheiden ist das Tun der Nächstenliebe und die Barmherzigkeit.

Und vor lauter Nächstenliebe und der Frage ‚Wem bin ich der Nächste?‘ dürfen wir den Anfang des Evangeliums nicht vergessen. Dort steht sie, die Frage nach dem Hauptgebot – diese andere Seite der Medaille, die andere Hälfte. Was ist das Hauptgebot, was ist uns Menschen vor allem geboten? ‚Du sollst den Herrn, Deinen Gott lieben, mit Deinem ganzen Herzen und Deiner ganzen Seele, mit Deiner ganzen Kraft und mit Deinem ganzen Denken.‘ Gelingt uns das, haben wir so viel Gottesliebe und Gottvertrauen? Oder sagen wir doch viel lieber: ‚Gott, Du hast mir gerade noch gefehlt; eigentlich passt Du mir gerade nicht, denn ich habe zu tun! Aber beides: die Liebe zu Gott und zum Nächsten sind das Hauptgebot! Entscheidend ist das ‚Und‘!

Heiner Wilmer, der Bischof von Hildesheim, beschreibt das Ineinander der beiden Gebote so: ‚Gottvertrauen bedeutet nicht, sich entspannt zurückzulehnen und abzuwarten und zu meinen, es wird schon alles glattgehen. Gottvertrauen trägt dann, wenn man Risiken eingeht, weil man sich getragen fühlt, aber verantwortlich bleibt. Wer Gott vertraut, gibt seine Verantwortung und Initiative nicht an der Garderobe seines Lebens ab.‘ Ignatius von Loyola schreibt pointiert: ‚Handle so, als ob alles von Dir abhängt, in dem Wissen aber, dass in Wirklichkeit alles von Gott abhängt.‘ Amen.“

Pater Elias und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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Raus und bleiben!

"Nach über zwei Jahren, die von der Corona-Pandemie geprägt waren, wollen alle weg: Die Flughäfen sind voll und wegen Personalmangels überlastet. Endlich wieder Urlaub machen! Also, nichts wie weg! Raus aus der Haustür! Und mitten in diese Urlaubsstimmung vieler sendet Jesus heute im Evangelium 72 Jünger zu den Städten und Ortschaften, die er selbst beabsichtigt zu besuchen: Nichts wie raus auf die Straßen, um die Botschaft zu verkünden; geht und verkündet: Das Reich Gottes ist nahe! – sie sollen seine Wegbereiter sein und dazu bedarf es kein Gepäck. Die genauen Anweisungen Jesu an die 72 Jünger sind ziemlich deutlich: Kein Geld, keine Vorratstasche, nicht einmal Sandalen. Ob man so sehr weit kommt, ist eine andere Frage. Ja, es klingt fast wie die Aussendung zu einem Himmelfahrtskommando. Denn wie ‚Schafe unter Wölfe‘ gesendet zu werden, scheint nicht nur wenig aussichtsreich, sondern fast grob fahrlässig.

In ihrer Aussendung erhalten die 72 Jünger Anteil an Jesu eigener Sendung: Sie werden Heil zusprechen, den Frieden wünschen, Kranke heilen und bei den Menschen verweilen. Ja, bei alle dem Aufbruch, der einer solchen Aussendung innewohnt, ist auch vom ‚Bleiben‘ die Rede! So heißt es: ‚Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als Erstes Friede diesem Haus! Und wenn dort ein Sohn des Friedens wohnt, wird euer Friede auf ihm ruhen; andernfalls wird zu euch zurückkehren. Bleibt in diesem Haus.‘ Das heißt doch, dass trotz der Dringlichkeit der Botschaft Jesu die ausgesendeten 72 Jünger keine Hektik verbreiten sollen. Die Situationen, in die sie kommen, und die Menschen, denen sie begegnen, sollen von ihnen ernst genommen werden. ‚Bleiben‘ bedeutet, sich den Menschen zu widmen, ihre Nöte und Sorgen, ihre Freuden und Herausforderungen zu teilen. Diese Nächstenliebe ist ein Zeichen für das Bleibende der frohen Botschaft, eine Zeit der Gottesgegenwart, ein Zeichen des Reiches Gottes!

Wir haben uns daran gewöhnt, dass wir uns mit den 72 Ausgesendeten identifizieren. Doch wer ist dieser „Sohn des Friedens“, von dem da im Evangelium die Rede ist, bei dem die ausgesandten einkehren und bleiben sollen? Es lohnt sich, einmal sozusagen die Seiten zu wechseln und zu fragen, wie kann ich zu einem Sohn/einer Tochter des Friedens werden? Was muss ich dafür tun? Was tue ich, wenn einer der von Jesus Ausgesendeten an meine Tür klopft? Öffne ich die Tür?

Wenn ich ehrlich bin: Oft bin ich doch der Wolf im Schafspelz, der kein Wort des Friedens hören will. Doch es gilt, den Gruß des Friedens, die Tat der Nächstenliebe an mich heranzulassen, auch wenn sie vielleicht scheinbar mittelos daherkommt, mir nichts bringt, keinen Lohn verheißt. Die 72 Ausgesandten haben jedenfalls nichts bei sich außer ihrem Gruß des Friedens. Lasst uns mit einem guten Wort, mit einem Lächeln unsere Türen öffnen – dann sind wir Söhne und Töchter des Friedens."

Pater Simeon und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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Sein Kreuz tragen

„Die Wendung ‚sein Kreuz tragen‘ haben wir öfters im Mund: ‚Jeder hat so sein Päckchen zu tragen‘; in Bayern klingt das etwas deftiger: ‚a Kreiz is‘; oder: ‚Ja, Gott lädt jedem sein Kreuz auf‘. - Der eine denkt dabei an seine Rückenschmerzen, ein anderer an viele schlaflose Nächte, jemand denkt an seinen Partner oder seine Partnerin oder an seine Kinder …

Im heutigen Evangelium spricht auch Jesus vom „Kreuztragen“. Bei ihm steht dieses Wort in einem anderen Zusammenhang. Für Jesus bedeutet ‚sein Kreuz tragen‘ die Konsequenz seiner zentralen Botschaft: ‚Das Himmelreich ist nahe, kehrt um und glaubt an das Evangelium!‘ Wer diesem Ruf folgt und in sein Leben umsetzen will, dem sagt Jesus voraus: Du wirst in Konflikt mit deinen Lebensgewohnheiten und den Gesetzmäßigkeiten, die unser Leben in dieser Welt prägen, geraten. Mit der Botschaft Jesu von der Nähe Gottes ist etwas Neues in unsere Welt eingebrochen. Und das Kreuz, von dem Jesus im Evangelium spricht, entsteht da, wo unsere Welt dieses Neue nicht will und sich mit aller Kraft dagegen zur Wehr setzt.

Jesu Botschaft, „das Himmelreich ist nahe“, widerspricht oft unseren Lebensgewohnheiten. Die eigenen Lebenserwartungen in Frage stellen, sein Leben zur Verfügung stellen, den eigenen Ehrgeiz und den tief eingewurzelten Stolz aufgeben, das Vertrauen auf die eigenen Leistungen loslassen, das alles fällt uns nicht leicht. Sich hineinnehmen zulassen in eine Lebensweise, in der man sich selbst verliert und auf diese Weise alles findet, wie Jesus sagt, ist eine Herausforderung.

Denken wir zum Beispiel an unsere Sonntagsgestaltung: Ich möchte einmal einen Tag für mich haben, mal ausschlafen, die alltäglichen Pflichten hinter mir lassen, machen was mir gerade so einfällt - demgegenüber steht scheinbar die Einladung, den Sonntag zu heiligen, mir Zeit zunehmen, für Gottes Schöpfung zu danken, der Erlösungstat in Jesus Christus zu gedenken, dem Wort Gottes Raum und Zeit zu schenken – das kann eine Herausforderung sein. Als Christen leben wir in unserer konkreten Umwelt, in unserer Zeit - unsere Gesellschaft ist sicher nicht gottfeindlich, aber verhält sich oft sehr gleichgültig und Ich-bezogen. Und all das reicht bis in unser Herz hinein. Wenn wir die Botschaft Jesu ernstnehmen und miteinander versuchen, ihr folgend unser Leben zu gestalten, geraten wir immer in die Nähe des Kreuzes Christi. So gewinnen wir aber auch Anteil an seiner Auferstehung.

Wer sein Leben im Kreisen um sich selbst finden will, wird es verlieren, sagt Jesus. Wer aber sein Leben hergibt, sich rückhaltlos Gott und dem Ruf Jesu übereignet, wird sein Leben gewinnen. Das ist die Zusage Jesu.“

Pater Zacharias und alle Brüder in Tabgha und Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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Weisheit und Wahrheit

„Vor einer Woche haben wir mit dem Pfingstfest die Osterzeit beendet - eine Zeit, in der wir viele Wochen lang die größten Geheimnisse unseres Glaubens gefeiert haben. Vielleicht haben wir in dieser Zeit manchmal ein Gefühl der Ohnmacht erlebt, angesichts der Geheimnisse des Glaubens; vieles davon können wir doch nicht verstehen.

Nun, ab dem heutigen Dreifaltigkeitssonntag und nach einer Zeit des Feierns haben wir Zeit diese großen Glaubenswahrheiten in unserem täglichen Leben zu bedenken, zu vertiefen und zu stärken.

Deshalb stellen die biblischen Texte heute die Weisheit des dreieinigen Gottes und die Wahrheit in den Mittelpunkt - als Weg zur Vertiefung unseres Glaubens. Denn der Glaube braucht unseren Verstand. Die Vernunft, eine der größten Gaben, die uns Gott ähnlich macht, darf in religiösen Fragen nicht verschlossen bleiben oder gar blind sein.

Die heutige erste Lesung aus dem Buch der Sprichwörter ist ein Hymnus auf die Weisheit und das Evangelium ist ein Hymnus auf die Wahrheit. Jemand mag fragen, was hat der Glaube mit Weisheit und Wahrheit zu tun?

Wir hören oft, dass Weisheit vor allem Wissen, Bildung, Intelligenz oder gar Klugheit ist. Und die Wahrheit? Wir hören, dass es keine Wahrheit für alle gäbe. Jeder habe seine eigene Wahrheit - nach seinem eigenen Maß und auf seine eigene Weise ....

Gleichzeitig sagt uns Gott, dass der Glaube der Weg der Weisheit ist, dass der Glaube unser Verständnis sucht und braucht. Und Jesus sagt, dass der Heilige Geist uns in alle Wahrheit führen wird und dass die Wahrheit uns frei machen wird.

In der frohen Botschaft bedeutet Weisheit nicht Intelligenz oder Wissen, sondern die Fähigkeit, Wahrheit von Falschheit zu unterscheiden und die Bereitschaft, das Gute zu wählen und nicht das Böse! Und die Weisheit, von der wir heute hören, erfordert sowohl unseren Glauben als auch unseren Verstand. Weisheit bedeutet, Gott in unser Leben einzuladen.

Wir brauchen in unserem Leben - genau wie die Apostel - den Geist Jesu, der uns zur ganzen Wahrheit über uns selbst, unser Leben und unsere Zukunft führen wird. Mit Herz und Verstand an Gott zu glauben - das ist die wahre Weisheit, die nicht nur kurzfristige Befriedigung oder Zufriedenheit, sondern Herzensfrieden und ein dauerhaftes Glücksgefühl schenkt.“

Pater Efrem und alle Brüder in Tabgha und Jerusalem wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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Komm, Heiliger Geist!

„Schaut nach oben, hinauf in den Himmel! – so scheint uns dieser Sonntag mit seinen biblischen Lesungen und Texten zuzurufen. Dabei kann fast der Eindruck entstehen, als verfolgen unsere Augen den in den Himmel auffahrenden Jesus, dessen Himmelfahrt wir vor ein paar Tagen gefeiert haben. Ja, es entsteht sogar der Eindruck als heften sich unsere Augen an den Himmel und als reihten wir uns ein in die Schar der ‚unverwandt ihm nach zum Himmel Emporschauenden‘.

Da ist zunächst Stephanus, der anscheinend ganz seiner blutig-brutalen, irdischen Realität entrückt zum Himmel emporblickt. Die auf ihn geworfenen Steine, die ihn in ihrer Erdenschwere zu Boden zerren, hindern ihn nicht daran, dass seine Augen Himmlisches erblicken. Er sieht sogar den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen. Dann ist da Johannes, der Seher von Patmos, der in einer Vision ebenfalls den Himmel offen und die Himmlische Stadt von oben herunterkommen sieht. Er hört sogar Jesu Stimme im Himmel, die zu ihm spricht: ‚Ich bin der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.‘ Und da ist im Evangelium schließlich Jesus selbst, der seine Augen zum Himmel erhebt und für die Einheit seiner Jünger betet, die sich in Streit und Widersprüchlichkeit verstricken und kurz vor der Passion fragen, wer denn welchen Rang einnehmen darf.

Bleiben wir einen Moment bei Johannes, dem Seher, der Jesu Stimme von oben hört: ‚Der Geist und die Braut aber sagen: Komm!‘ Die seltsame klingende Rede vom ‚Geist‘ an dieser Stelle meint wohl die Stimme Johannes‘ und sein vom Geist Gottes erfülltes Rufen. Der Heilige Geist ist derjenige, der den prophetischen Seher zum Reden überhaupt erst bevollmächtigt. Es ist der Heilige Geist, der uns durch Jesus zugesagt ist, der seine Kirche durchwaltet und um dessen Kommen wir nun in diesen Tagen vor dem Pfingstfest besonders beten. Daher passt die gleichzeitige Rede von der ‚Braut‘. Sie ruft zusammen mit dem Geist um das Kommen Jesu. Diese Braut ist nämlich Sinnbild für die Kirche selbst, die Gesamtgemeinde der Glaubenden, die sich bereithält, Christus als ihren „Bräutigam“ zu empfangen. Der Heilige Geist ruft also mit der bräutlichen Kirche zu Christus: ‚Komm!‘ Und wir, die wir als glaubende Gemeinde diese Worte in der Liturgie hören, werden gleichsam eingeladen, in dieses ‚Komm, Herr Jesus!‘ einzustimmen; denn es heißt ja ausdrücklich: ‚Wer hört, der rufe: Komm!‘

Die Kirche bittet um den Beistand des Herrn geraden in diesen Tagen. Diese Bitte bleibt dringlich. Dieses Gebet ‚Komm, Heiliger Geist‘ soll nicht nur auf unseren Lippen erklingen, sondern auch in unseren Herzen widerschallen, denn ‚Wer hört, der rufe: Komm!‘ In den Tagen der Vorbereitung auf Pfingsten werden wir eingeladen, uns mit den Jüngern und Maria in den Abendmahlssaal zu begeben und die Ankunft des Geistes zu erflehen. Die durch die Himmelfahrt Christi entstandene Leere wir mit der Sehnsucht nach dem Geist gefüllt werden.

Niemand erwartet, dass wir den Himmel offen-stehen-sehen wie bei Stephanus. Es erwartet auch niemand, dass wir am Ölberg stehen bleiben und nach oben in den Himmel blicken. Der Geist, die Kraft aus der Höhe, kann im Herzen eines jeden erfahren werden. Und genau dort, im Herzen, steht der Himmel offen. Dann ist Jesu Gebet, „damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist und ich in ihnen bin“, keine himmlische Illusion mehr.“

Pater Simeon und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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Wie gelingt Zukunft?

„Mit vielfältiger Kost ist uns der Tisch des Wortes heute gedeckt worden: drei unterschiedliche Lesungen, verschiedene Gattungen und Textformen, scheinbar unterschiedliche Themen und Zugänge werden uns gereicht.

Zuerst hörten wir in der Apostelgeschichte hören von einem großen Konflikt. Es kommt zu einem heftigen Streit in der jungen christlichen Gemeinde in Antiochia: Judenchristen gegen Heidenchristen. Nun müssen richtungsweisende Entscheidungen getroffen werden. Wer gehört zu uns und wer nicht? Was ist unserer Identität und unser Leitbild. Was ist geboten, was ist verboten? - letztendlich geht es um die entscheidende Frage: Muss ich zuerst Jude werden, damit ich Christ werden kann? Oder anders formuliert: Was sind eigentlich die notwendigen Voraussetzungen? Eine gemeinsame Versammlung wird in Jerusalem einberufen, ein ‚Konzil‘. - Kompromisse werden gesucht. Statements werden gegeben. Es wird von Erfahrungen und Erlebnissen berichtet und diese werden mit Hilfe des Glaubens und der Schrift gedeutet. Gemeinsam wird um eine Lösung gerungen. Zusammen wird ein Kompromiss gefunden. Und dann werden Boten von Jerusalem nach Antiochia gesandt. Sie überbringen das Schlichtungsschreiben und darin heißt es: ‚der Heilige Geist und wir haben beschlossen …“. Die Entstehungszeit des Christentums war eine bewegte Zeit – ein konziliarer Weg, ein synodaler Weg der Suche nach Lösungen für die neu-entstehende Sozialstruktur der Kirche.

Als zweite Lesung hörten wir dann einen Abschnitt aus der Offenbarung des Johannes. In ihm geht es nicht um die Beschreibung eines historischen Ereignisses. Der Text ist ganz Vision: das himmlische Jerusalems, ein Traum einer Stadt; märchenhaft schön, riesengroß mit Platz für alle, sowohl für die Stämme der Söhne Israels als auch für die Apostel des Lammes, für Juden und Christen, für alle Berufenen, ein Ort der Heimat und Geborgenheit. Das himmlische Jerusalem ist eine Stadt, die fast nur aus Toren besteht! Und mittendrin wohnt die Herrlichkeit Gottes. Gott ist die Mitte, das ewige Licht, das den Menschen leuchtet.

Und als heutiges Evangelium haben wir einen Abschnitt aus dem Johannesevangelium gehört. Keine Erzählung, kein Bericht über das soziale Miteinander und das Finden von Kompromissen, keine Traumvision – wir hörten ein literarisches Testament, Worte Jesu an seinen engsten Jüngerkreis. Es sind seine Abschiedsworte an diejenigen, die uns in die unmittelbare Berührung mit dem göttlichen Geheimnis führen. Es sind mystische Worte, gnostisch angehaucht. Diese Worte wollen Hoffnung geben, Hoffnung bewahren und mehren. Jesus will seine Jünger auf seinen kommenden, plötzlichen Tod vorbereiten um das zu erwartenden Chaos, das danach entstehen wird, einzudämmen. Die Abschiedsworte sollen den Trauerprozess der jungen Gemeinde unterstützen und den Weg auf der Suche nach einer neuen Identität aufzeigen. Heute haben wir im Evangelium nur einen Teil der längeren Abschiedsrede gehört. Es sind Meditationen über Jesu Wort, über das Bleiben in Gottes Wort, über den Heiligen Geist als Fürsprecher. Es sind Worte über den Frieden, über die Hoffnung und Zuversicht trotz der grundlegenden Veränderungen, die auf alle zukommen werden.

Drei unterschiedliche, biblische Texte prägen den heutigen Sonntag, doch sie sind vereint in einer grundlegenden Frage: Wie gelingt Zukunft? Wie gelingen Einheit, Identität, Frieden? Unsere Zukunft gelingt nur, wenn Gott in unserer Mitte ist, wenn er durch den Heiligen Geist erfahrbar als unser Fürsprecher und Anwalt auftritt. Und wir sind als Nachfolger Gottes, als seine Kirche nur eine Einheit, wenn an uns der Frieden Gottes sichtbar ist. Das wichtigste Zeichen für die Einheit ist Gottes Frieden! Frieden, wie ihn die Welt gibt, besteht oft darin, dass die Stärkeren die Schwächeren unter Kontrolle halten, sodass diese nicht aufbegehren können. Jesus will uns aber einen anderen Frieden geben: den Frieden der Spaltung zwischen Gott und uns, in uns selbst und damit auch zwischen und Menschen überwindet: Sein Frieden hat die Macht uns zu versöhnen - von Innen her. Nur von Innen her wächst der Frieden, in dem wirklich alles neu wird. Wenn unser Herz stabil ist, sich festmacht an Gottes Wort, dann werden Verwirrung, Unruhe und Zweifel verschwinden.

Der Geist wird uns und seine Kirche noch viel lehren müssen, damit wir die Einheit und den Frieden finden, bis die neue Stadt, das himmlische Jerusalem kommen kann und wird.

Treten wir gemeinsam ein in eben diesen Lernprozess und lassen wir uns vom Geist Gottes führen und leiten.“

Pater Elias und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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"Seht, ich mache alles neu."

„‘Seht, ich mache alles neu‘ (Offenbarung 21,5). Dieser Schlusssatz der heutigen Zweiten Lesung aus dem vorletzten Kapitel des letzten Buches der Heiligen Schrift trifft mich dieses Jahr sehr tief ins Herz. Seit ich Patriarchalvikar für die Migranten und Asylsuchenden des Lateinischen Patriarchats bin, höre ich tagtäglich Lebensgeschichten von Verwundungen, für die es keine irdische Therapie gibt. Geschichten und Lebensumstände, bei denen nichts einfach ‚repariert‘ werden kann, sondern wo die göttliche Tugend der Hoffnung das einzige ist, was Leben erhält - gepaart mit Glaube und Liebe. Dieser kleine Satz, der im 21. und 22. Kapitel des Buches der Offenbarung in wunderbarer Weise ein Gesicht, Klang, Geruch und Geschmack bekommt, hat eine befreiende Sprengkraft, die mir in den letzten Jahren nie so bewusst gewesen ist. Ich bin meinen Schwestern und Brüdern an den gesellschaftlichen Rändern dankbar, dass sie mir neu den Sinn der Heiligen Schrift erschließen!

Dieses Jahr wird für mich auch der Eröffnungsvers des heutigen Sonntags ‚Cantate‘ definitiv anders klingen – viel existenzieller, intensiver und hoffnungsvoller:

‚Singt dem Herrn ein neues Lied,
denn er hat wunderbare Taten vollbracht
und sein gerechtes Wirken enthüllt vor den Augen der Völker.
Halleluja.‘ (Psalm 98,1-2)

Als Benediktinermönch möchte ich noch einen dritten Satz aus der Regula Benedicti beisteuern, der gut zu diesem heutigen Hoffnungssonntag passt und der mich als mein Professspruch bis heute durch die Jahre begleitet - auch in diesen Tagen! -, nämlich das letztgenannte ‚Werkzeug der geistlichen Kunst‘: ‚Und an Gottes Barmherzigkeit niemals verzweifeln‘ (RB 4,74).“

Pater Nikodemus und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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