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Wie gelingt Zukunft?

22. Mai 2022

„Mit vielfältiger Kost ist uns der Tisch des Wortes heute gedeckt worden: drei unterschiedliche Lesungen, verschiedene Gattungen und Textformen, scheinbar unterschiedliche Themen und Zugänge werden uns gereicht.

Zuerst hörten wir in der Apostelgeschichte hören von einem großen Konflikt. Es kommt zu einem heftigen Streit in der jungen christlichen Gemeinde in Antiochia: Judenchristen gegen Heidenchristen. Nun müssen richtungsweisende Entscheidungen getroffen werden. Wer gehört zu uns und wer nicht? Was ist unserer Identität und unser Leitbild. Was ist geboten, was ist verboten? - letztendlich geht es um die entscheidende Frage: Muss ich zuerst Jude werden, damit ich Christ werden kann? Oder anders formuliert: Was sind eigentlich die notwendigen Voraussetzungen? Eine gemeinsame Versammlung wird in Jerusalem einberufen, ein ‚Konzil‘. - Kompromisse werden gesucht. Statements werden gegeben. Es wird von Erfahrungen und Erlebnissen berichtet und diese werden mit Hilfe des Glaubens und der Schrift gedeutet. Gemeinsam wird um eine Lösung gerungen. Zusammen wird ein Kompromiss gefunden. Und dann werden Boten von Jerusalem nach Antiochia gesandt. Sie überbringen das Schlichtungsschreiben und darin heißt es: ‚der Heilige Geist und wir haben beschlossen …“. Die Entstehungszeit des Christentums war eine bewegte Zeit – ein konziliarer Weg, ein synodaler Weg der Suche nach Lösungen für die neu-entstehende Sozialstruktur der Kirche.

Als zweite Lesung hörten wir dann einen Abschnitt aus der Offenbarung des Johannes. In ihm geht es nicht um die Beschreibung eines historischen Ereignisses. Der Text ist ganz Vision: das himmlische Jerusalems, ein Traum einer Stadt; märchenhaft schön, riesengroß mit Platz für alle, sowohl für die Stämme der Söhne Israels als auch für die Apostel des Lammes, für Juden und Christen, für alle Berufenen, ein Ort der Heimat und Geborgenheit. Das himmlische Jerusalem ist eine Stadt, die fast nur aus Toren besteht! Und mittendrin wohnt die Herrlichkeit Gottes. Gott ist die Mitte, das ewige Licht, das den Menschen leuchtet.

Und als heutiges Evangelium haben wir einen Abschnitt aus dem Johannesevangelium gehört. Keine Erzählung, kein Bericht über das soziale Miteinander und das Finden von Kompromissen, keine Traumvision – wir hörten ein literarisches Testament, Worte Jesu an seinen engsten Jüngerkreis. Es sind seine Abschiedsworte an diejenigen, die uns in die unmittelbare Berührung mit dem göttlichen Geheimnis führen. Es sind mystische Worte, gnostisch angehaucht. Diese Worte wollen Hoffnung geben, Hoffnung bewahren und mehren. Jesus will seine Jünger auf seinen kommenden, plötzlichen Tod vorbereiten um das zu erwartenden Chaos, das danach entstehen wird, einzudämmen. Die Abschiedsworte sollen den Trauerprozess der jungen Gemeinde unterstützen und den Weg auf der Suche nach einer neuen Identität aufzeigen. Heute haben wir im Evangelium nur einen Teil der längeren Abschiedsrede gehört. Es sind Meditationen über Jesu Wort, über das Bleiben in Gottes Wort, über den Heiligen Geist als Fürsprecher. Es sind Worte über den Frieden, über die Hoffnung und Zuversicht trotz der grundlegenden Veränderungen, die auf alle zukommen werden.

Drei unterschiedliche, biblische Texte prägen den heutigen Sonntag, doch sie sind vereint in einer grundlegenden Frage: Wie gelingt Zukunft? Wie gelingen Einheit, Identität, Frieden? Unsere Zukunft gelingt nur, wenn Gott in unserer Mitte ist, wenn er durch den Heiligen Geist erfahrbar als unser Fürsprecher und Anwalt auftritt. Und wir sind als Nachfolger Gottes, als seine Kirche nur eine Einheit, wenn an uns der Frieden Gottes sichtbar ist. Das wichtigste Zeichen für die Einheit ist Gottes Frieden! Frieden, wie ihn die Welt gibt, besteht oft darin, dass die Stärkeren die Schwächeren unter Kontrolle halten, sodass diese nicht aufbegehren können. Jesus will uns aber einen anderen Frieden geben: den Frieden der Spaltung zwischen Gott und uns, in uns selbst und damit auch zwischen und Menschen überwindet: Sein Frieden hat die Macht uns zu versöhnen - von Innen her. Nur von Innen her wächst der Frieden, in dem wirklich alles neu wird. Wenn unser Herz stabil ist, sich festmacht an Gottes Wort, dann werden Verwirrung, Unruhe und Zweifel verschwinden.

Der Geist wird uns und seine Kirche noch viel lehren müssen, damit wir die Einheit und den Frieden finden, bis die neue Stadt, das himmlische Jerusalem kommen kann und wird.

Treten wir gemeinsam ein in eben diesen Lernprozess und lassen wir uns vom Geist Gottes führen und leiten.“

Pater Elias und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag!

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