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Dreck und Sehen

19. März 2023

„Es ist herrlich, in diesen Tagen durch das Heilige Land zu reisen: saftiges Grün, viele verschiedene Blumen, blühenden Sträucher und Bäume, Schwärme von Vögeln und bezaubernde Sonnenauf- und Sonnenuntergänge. Das alles ist wunderschön anzuschauen! Wie schade, wenn man es nicht sehen könnte!

Doch Pilger und auch wir Mönche fahren nicht nur der Natur wegen durchs Land. Beim Besuch der heiligen Stätten faszinieren gerade die alten Steine, die uns vielleicht sogar noch etwas aus der Zeit Jesu zeigen: Gabbata und Golgotha, Reste eines Hauses, in dem Jesus sich in Kafarnaum aufhielt, der Berg, auf dem er predigte, der Felsen, auf dem er Brot und Fisch legte, der See, auf den auch er schaute und über den er sogar ging - ja, ich würde Jesus gerne über den See gehen sehen!

IHN sehen! Darauf kommt es an! Nicht nur die schöne Natur, nicht nur die alten Steine, sondern Jesus sehen! Doch will ich das?
Jesus sehen, IHN erkennen - Gott schauen!
Wollen Sie es, wollen Sie wirklich Jesus sehen? Wirklich?

Liebe Schwestern und Brüder, ich frage so penetrant und auch ganz plump, weil ich fest davon überzeugt bin, dass diese Frage für uns Christen wichtig ist. Es ist wesentlich, ein wirkliches Verlangen danach zu haben, Jesus zu sehen, Gott zu schauen. Und genau dazu sagt uns das heutige Evangelium etwas ganz Wichtiges.

Im heutigen Evangelium begegnen wir einem armen Mann, der von Geburt an blind ist. Jesus heilt ihn, um Gottes gutes Wirken in dieser Welt zu bezeugen. Jesus spuckt auf den Boden, vermischt seinen Speichel mit dem Staub des Weges zu einem recht unappetitlichen Brei zu vermischen und dann schmiert er den Dreck dem Blinden auf die Augen. Extrem ekelig! Danach schickt er den Blinden zum Teich Schiloach, damit er sich dort wasche. Und als der arme Mann zurückkam, konnte er den Himmel, die strahlende Sonne, die ganze Schöpfung, die vielen Menschen, und auch den Menschensohn, Jesus aus Nazaret, sehen.

Er sah IHN vor sich und sagte: 'Ich glaube, Herr!' - und er warf sich vor ihm nieder.

Die ‚Anderen‘, hatten IHN auch gesehen, ja, sie beobachten IHN schon lange, doch sie warfen sich nicht vor ihm nieder; ganz im Gegenteil: Sie bäumen sich gegen IHN und alle, die zu IHM halten, auf. Sie finden sogar ‚gute Argumente‘, ‚religiöse Gründe‘, die sehr deutlich gegen Jesus und sein Reden sowie Handeln sprechen.
Im Denken nicht nur der Pharisäer ist die angeborene Blindheit ganz klar Folge von Sünde. Solch verkehrtes Denken findet sich auch heute noch; nicht selten fragen Menschen: ‚Was habe ich denn verbrochen, dass Gott mich so straft?‘ Das aber ist nicht unser christlicher Glaube. Menschlich herausfordernde oder gar überfordernde Situationen sind niemals Strafe Gottes. Niemals! Ganz im Gegenteil: Gott gibt Licht in alle irdische Finsternis hinein.

Am Sabbat hat Jesus den Blinden geheilt. Aber am Ruhetag sei dies verboten - die Hyperfrommen finden hier ein weiteres Argument, um gegen Jesus zu sein, sich auf keinen Fall vor IHM niederzuwerfen, sondern ganz im Gegenteil, sich gegen IHN aufzubäumen, IHN zu missachten, IHN abzulehnen, IHN zu verurteilen. Doch der Sabbat ist für den Menschen da, um Gottes Dienst zu tun, der Ruhetag ist zum Heil gegeben.

Wollen die Pharisäer im heutigen Evangelium, die Hyperfrommen, Gott nicht sehen?
Sie sind nicht blind und doch wie Blinde!
Sie sehen Jesus und erkennen IHN doch nicht!
Sie haben zu viel Dreck auf den Augen! Dreck, den sie sich selbst auf die Augen geschmiert haben! Selbstgerechter Dreck, der nicht heilt! - Blind vor Wut, vor Neid, vor Hass; voller Vorurteile, Missgunst, Geiz, Streitsucht, Hinterlist, Besserwisserei, Stolz, Überheblichkeit, Betrug, Täuschung. Verdrehung, Lüge … und, und, und. Sie sind blind aufgrund selbstgemachten Dreckes, der noch keinem Menschen genutzt hat und den wir alle kennen.

‚Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach!‘ Das sagt Jesus auch zu uns. Mit allem Wohlwollen, mit dem er es dem Blinden sagte, sagt er es auch zu uns:
‚Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach!‘

Der Blinde hatte Jesus zunächst nicht gesehen. Aber da war der tiefe Wunsch sehen zu können und ein blindes Vertrauen in Jesu Wort: ‚Der Mann ging fort und wusch sich. Und als er zurückkam konnte er sehen.‘

Liebe Schwestern und Brüder, ‚sich im Teich Schiloach zu waschen‘, das bedeutet für uns ganz einzutauchen in das christliche Ideal, den Schmutz, der der Nachfolge Jesu Christi widerspricht abzuwaschen, damit wir die Augen frei kriegen und mit ganzem Herzen das wahre Leben sehen, das ER ist.

Sich ‚im Teich Schiloach zu waschen‘ bedeutet ganz konkret die tägliche Gewissenserforschung und auch die Beichte, das Sakrament der Buße und Versöhnung. Es geht um das Erkennen meiner Fehler und meiner Sünden – eine wirkliche Umkehr, eine Kurskorrektur, eine ganz bewusste, neue Ausrichtung auf IHN, unseren Herrn hin, sodass wir IHN mit geheilten Augen des Herzens sehen und so dem Osterfest entgegeneilen. Amen.“

Pater Matthias und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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