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Der Weg des Gesetzes

14. Februar 2023

„Wer Gebote verschärft, macht sich unbeliebt. Wer Gebote lockert, scheint Lebensfreude und Toleranz auszustrahlen und hat schnell viele auf seiner Seite. Unangenehm wird es, wenn das Mehr oder Weniger an Radikalität und Ernsthaftigkeit zum Instrument des Konkurrenzkampfes wird – zum Beispiel bei Konfessionen.

Dann bedient sich der Menschen gemeinhin lieber dort, wo es einfacher ist, wo es nicht so streng zugeht und wo man nicht auf viele Gebote und Regeln trifft. Dies gilt nicht in Politik und Religion, sondern zum Beispiel auch für die Leitung eines Klosters: Soll unser neuer Abt die Regeln des Klosters lockern, damit das Klosterleben an den heutigen Lebensrhythmus besser angepasst ist oder soll er die Regeln eher verschärfen, damit das klösterliche Zeugnis besser zum Strahlen kommt?

Wie kein zweiter Evangelist unterstreicht Matthäus im heutigen Abschnitt aus der Bergpredigt die Treue Jesu zu dem Gesetz, der Thora. Scheinbar legt Jesus die moralischen Hürden höher, verschärft das Gesetz: Ihr habt gehört … ich aber sage Euch!

Jesus ist hier sehr ‚bibeltreu‘, denn er verlangt eine uneingeschränkte Ehrfurcht vor dem Gesetz und den Propheten. Die biblischen Weisungen konkretisieren den Willen Gottes – und sie übersetzen ihn in die verschiedenen Lebensbereiche. In seiner Interpretation bewegt sich Jesus ganz im Rahmen der jüdischen Auslegungstradition. Er will zur Geltung bringen, dass das Gesetz auf die Entfaltung des Lebens zielt, der Förderung des Lebens.

Das biblische Gesetz ist eher Weisung als Verbot! - Weisung für mein eigenes Denken und Handeln. Die Frage ist nämlich nicht: Was ist noch erlaubt?, sondern vielmehr: Was ist schon geboten? Es geht um die 'größere Gerechtigkeit', nicht um Buchstaben-gerechtigkeit, nicht um das äußere, formale Erfüllen von Ehrlichkeit und Barmherzigkeit. Maßloses Wohlwollen, aktive Versöhnungsbereitschaft, unbedingtes Vertrauen in den anderen und auf Absicherungsmittel verzichtende, umfassende Wahrhaftigkeit – darum geht es ihm.

Nicht erst mit der Tat, sondern schon viel früher fängt das Problem an: die Motive, die Gedanken und die Geisteshaltungen sind die Wurzeln für das Verhalten, das Leben schädigt und zerstört. Gedanken und Motive sind an sich jedoch keine Straftat, niemand kann und will Gedanken und Einstellungen an sich schon juristisch verfolgen. Die Gedanken sind frei – so heißt es in einem Lied. Aber mit den schlechten Gedanken fängt meist das Unheil an.

Nur ich selbst, ich persönlich kann darauf achten, kann mein Gewissen schulen, achtsam sein für die schlechten Gedanken, die sich bei mir einschleichen und festsetzen. Nur ich selbst kann darauf achten, worauf sich meine Gedanken gerne fokussieren wollen, ich selbst bin der Türhüter gegen schlechte Gedanken und Einredungen.

Jesus ist gehorsamer Jude und er unterwirft sich dem Gesetz. So macht er deutlich, dass Veränderung nicht mit der Abschaffung von Normen und Riten beginnt. Nein, jede Veränderung nimmt ihren Anfang ganz tief drinnen, im Herzen, dem Gemüt, der Grund-Einstellung eines Menschen. Jede Veränderung bedeutet zunächst einmal Geduld und Gehorsam. Nur über die Erfüllung des Willen Gottes, nicht über die Abschaffung von Statuten und Vorschriften geht der Weg in den Himmel.“

Pater Elias und alle Brüder in Jerusalem und Tabgha wünschen Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!

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