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Die Tür des Hauses Gottes

09. Februar 2010

Ansprache zur Feier der zeitlichen Profess von Pater Jakobus am 06. April 2008 (3. Ostersonntag) von Abt Benedikt Maria Lindemann OSB

Lieber P. Jakobus,
liebe Brüder, liebe Schwestern und Brüder!

Nach Beendigung deiner Kandidatur, des Postulats und des Noviziates bindest du dich in dieser Stunde mit einem Gelübde für drei Jahr an die Gemeinschaft der Benediktinerabtei Dormitio Beatae Mariae Viriginis in Jerusalem, Tabgha und Hildesheim.

Dieses Versprechen mit den Elementen der Beständigkeit, des klösterlichen Lebenswandels und des Gehorsams beruht auf Gegenseitigkeit. Es ist eine Hilfe, die uns gemeinsam dem einen Ziel, der himmlischen Heimat, dem Haus des barmherzigen Vaters und dem Zelt der ewigen Liebe, entgegenführt.

Du trittst nun eine in den Kreis der benediktinischen Mönche auf dem Zion, trittst ein in das Haus Gottes auf Erden! Auf Erden! Nicht schon in den Himmel! Aber wissend und hoffend soll schon hier und heute, Tag für Tag ein Schimmer der göttlichen Freude für jeden von uns aufleuchten, so dass wir als Weggefährten einander beistehen. Das meint benediktinisches Mönchsein.

Wie auf der Einladungskarte zur heutigen Professfeier steht die Tür des Hauses Gottes offen – in dieser Stunde für dich, P. Jakobus. Wir wissen, die „Alte Eingangstür“ zur Dormitio schmücken die Facetten des ewig jungen Themas der Menschheit im Bild des Hohenlieds der Liebe aus dem Alten Testament.

Das Lied der Liebe Gottes lädt jeden ein – auch uns Mönche. Doch wer erwartet, dass hinter der Eingangstür das pure Licht auf den Eintretenden wartet, das Kloster als Paradies, als Himmel auf Erden, der wird enttäuscht. Stufen sind es, Stufen, die emporgestiegen werden müssen, bevor der Mönch in ein Halbdunkel tritt – direkt neben der Kapelle, die zum Gebet einlädt. Danach schließen sich die alltäglichen Räume der klösterlichen Gemeinschaft an, die uns durch unser Leben, durch Gebet, Meditation, Arbeit und Ruhe zu einer Ordnung verhelfen wollen. Die Räume und die Ordnung helfen uns, den immer wieder gefährdeten Rhythmus unseres Lebens neu zu suchen und zu finden. Nicht als Selbstzweck für ein „ruhiges Leben“, sondern als Unterstützung für das einzige Ziel, das der Mönch hat: einzugehen in die Liebe und den Frieden Christi.

Das Ziel der Liebe Christi mit brennender Sehnsucht im Herzen tragen, gehen wir durch frohe und beschwerliche Stunden, ertragen wir den schwierigen Mitbruder, erfreuen uns an dem Reichtum verschiedener Charaktere und Begabungen, beugen uns der manchmal belastenden Arbeit, leiden wir an den eigenen Schwächen und Fehlern, sind dankbar die die kleinen Fortschritt im geistlichen Leben, stoßen uns rund und wund an der gegebenen oder erfahrenen berechtigten oder unfair erlebten correctio fraterna.

Ja, das Leben im Kloster ist komplex und nicht immer einfach; aber je einfacher ich werde, umso leichter und schöner ist es. Das Ziel der Liebe Christi mit brennender Sehnsucht im Herzen tragend, sind wir benediktinischen Mönche im Hause Gottes gleichsam Bewohner der Zukunft. Darauf kommt es an. Diese Sehnsucht soll der Mönch beständig zu entfachen suchen. Darin liegt der Reichtum unseres Lebens und unser beständiges Bemühen. Ja, der benediktinsche Friede ist keine gemütliche Ruhe. Die pax benedictina beruht auf der Einübung einer geordneten, rechten, liebevollen Lebensführung. Doch auch hier gilt es wachsam zu sein und zu unterscheiden: jede Störung meiner selbst-gezimmerten Ordnung kann gerade auch eine Einladung zur Liebe sein. Auch die Ordnung ist kein Selbstzweck! Benediktinscher Friede meint: im Wissen oder Glauben um die wahre Heimat mit Gelassenheit und unverkrampften Engagement das Gute in der Welt gestalten – auch in der kleinen Welt der klösterlichen Gemeinschaft. Die christliche Liebe wächst nur durch gelebtes Zeugnis.

Beim Hören und Lesen der Regula Benedicti erstaunt mich immer wieder, mit welchem Nachdruck und wie häufig Benedikt Worte gebraucht wie: eilen, suchen, aufgeschreckt, laufen, aufstehen. Eine Gefahr wittert der geistliche Meister in der schläfrigen Ruhe; der Mönch aber soll ein wachsamer Lebenskünder des Friedens Christi sein. Das soll der Mönch tagtäglich, Jahr für Jahr immer wieder neu einüben. Noch die letzten Verse der Regel, die wir in der Kurzlesung hörten, verweisen inhaltlich wieder auf ihr Vorwort. Die Worte wiederholen sich: Anfänger, Hilfe Christi, entgegeneilen! Das gilt auch für dich, P. Jakobus, und für jeden deiner Brüder, damit wir nicht stolz werden und uns im geistlichen Leben schon weit fortgeschritten dünken: der Klausurschlüssel für das Haus des Herrn ist die Demut! Um es in einen Satz zu fassen: der benediktinische Mönch bleibt ein Anfänger auf der Wanderung des geistlichen Lebens, in dem er mit der Hilfe Christi der himmlischen Heimat entgegeneilt. Das ist sozusagen das A und O, der Anfang und das Ende der Regel. Nicht perfekte Leistung, nicht belegbarer Erfolg, nicht Prinzipien, nicht Karriere, nicht Vielwissen machen den Mönch aus; das alles stresst nur. Der Eintritt und der Weg führen über Stufen, manchmal recht steil und unbequem in die Höhe. Das stimmt für benediktinische Klöster bildlich und oft real. Das benediktinische Haus der Herrn steht meist auf einem Berg wie unsere Abtei auf dem Zion.

Was bedeutet das in unserem Zusammenhang? Die Antwort mag für viele überraschend sein. Aber die Regula Benedicti verbirgt doch in einem bedeutenden Teil die Frohe Botschaft Christi, die der Mönch gleichsam wie Goldkörner aus dem Rhythmus der Tage und Jahre seines Lebens herauswaschen soll. So schreibt Abt Georg Holzherr von Einsiedeln dazu in seinem Kommentar zur Regel: „Etwa 25mal zitiert die RB die Bergpredigt (Mt 5, 1-12) oder spielt auf sie an, etwa 5mal auf die Seligpreisungen. Vor allem im spirituellen Teil will die Regel zu den in den Seligpreisungen und in der Bergpredigt angesprochenen Qualitäten führen. Wie das Wasserzeichen für die Güte eines Papiers bürgt, ohne auf den ersten Blick sichtbar zu sein, sind die von Jesus gepriesenen Qualitäten Thema in unserer Regel, auch wenn dies nicht jedes Mal ausdrücklich gesagt wird.“

In den Seligpreisungen werden nicht die Mächtigen, Reichen, Schönen, Starken, Klugen und Weisen selig gepriesen, sondern die Schwachen, Kleinen, Armen, Demütigen, Benachteiligten. Zu ihnen will der Mönch sich gezählt und erkannt wissen. Das zu akzeptieren und leben zu lernen ist wahrlich eine Herausforderung an den Mönch.

Das Haus Gottes, das Leben des benediktinischen Mönches, dein Leben, P. Jakobus, steht auf der Höhe der Bergpredigt. Die geöffnete Tür des Lieds der Liebe lädt dich und uns alle Tag für Tag neu ein, demütig einzutreten. Komm, wir gehen gemeinsam. Lass uns mit brennender Sehnsucht im Herzen die Liebe Christi im Hause Gottes leben. Je ein-zieliger ich das spreche, umso beglückender ist es. Ja, so ist es! Amen. Halleluja!

Abt Benedikt M. Lindemann OSB